DÜSSELDORF. Die neue nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) stellt die umstrittene Lernmethode “Schreiben nach Hören” auf den Prüfstand. “Das werden wir uns genau ansehen. Ich bin keine Freundin dieser Methode”, sagte Gebauer der “Rheinischen Post” in Düsseldorf. VBE-Chef Udo Beckmann hat bereits reagiert – und in einer Pressemitteilung deutlich gemacht, dass er ein Verbot von Unterrichtsmethoden für wenig zielführend hält.
Die Ministerin werde zunächst Gespräche führen und Erfahrungen anderer Bundesländer auswerten, sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Derzeit sei nicht geplant, das Verfahren kurzfristig per Erlass zu untersagen. In Nordrhein-Westfalen entscheiden die Schulen, ob sie die Methode anwenden. Aus Gebauers Sicht kann «Schreiben nach Hören» für Erstklässler sinnvoll sein. “Danach ist diese Methode nicht mehr zielführend, gerade für Kinder mit Migrationshintergrund.”
„Kinder lernen Sprache durch Hören und Nachahmen. Welche Buchstaben hinter den gebildeten Lauten stehen, wissen sie zunächst nicht“, meint hingegen VBE-Chef Beckmann. “Entscheidend ist, Kinder so an die Schriftsprache heranzuführen, dass der Bruch zwischen dem Gehörten und Geschriebenen nicht zu groß ist. Dass dies gelingt, dafür sind Grundschullehrkräfte ausgebildet. Bei allen Kindern gehören Fehler zum Lernen dazu”. Beckmann: „Das Wesentliche ist, Fehler nicht als Schwäche anzusehen, sondern als Lernchance zu nutzen.“ Der Vorwurf, die „Reichen-Methode“ sei für den Unterricht nicht geeignet, ist dem Verbandsvorsitzenden zufolge nicht haltbar. Es gebe viele Schulen, die erfolgreich basierend auf dem Spracherfahrungsansatz in Kombination mit einem systematisch aufgebauten Rechtschreibunterricht arbeiten.
Streit um „Schreiben wie Hören“: Pure Ideologie ist im Spiel
Das Überstülpen einer bestimmten Methode von oben sei nicht zielführend. Vielmehr gehe es darum, dass sich gut ausgebildete Lehrkräfte in den Grundschulen auf der Grundlage der Fachwissenschaften darauf verständigen, welches Lehrwerk oder welche Methode sie in der einzelnen Schule einsetzen wollen, um ihren Kindern das Lesen- und Schreiben-Lernen zu ermöglichen. Beckmann betont: „Wer mehr Selbstständigkeit von Schule will, sollte den Lehrerinnen und Lehrern nicht die Methoden diktieren, mit denen sie im Unterricht arbeiten.“
Bei der seit Jahrzehnten in vielen Grundschulen praktizierten Methode sollen Kinder Wörter zunächst nach dem Hören aufschreiben, ohne ständig korrigiert zu werden. Ob sie dabei tatsächlich schneller Lesen lernen oder sich am Ende Rechtschreibschwächen manifestieren, ist hoch umstritten. In mehreren Ländern wird das Thema derzeit kontrovers diskutiert. Zuletzt hatte Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ein Verbot von “Schreiben nach Hören” in Aussicht gestellt – ist davon aber offenbar wieder abgerückt. Agentur für Bildungsjournalismus / mit Material der dpa
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