HANNOVER. Die Lehrer an Niedersachsens Grund- und Gesamtschulen sowie Gymnasien arbeiten nach Experteneinschätzung generell nicht zu viel. Das geht aus einem Zwischenbericht der Kommission zur Arbeitszeitanalyse an Schulen hervor, der der scheidenden Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) heute überreicht wurde. Allerdings sieht das Gremium eine besondere Belastung von Schulleitern sowie Lehrkräften in Teilzeit. Entlastung für diese Gruppen müsse angestrebt werden, hieß es. Unter anderem wird eine Erhöhung der Anrechnungsstunden empfohlen. Eine Studie im Auftrag der GEW war zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen.
«Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, weil wir fundiert darlegen können, wo bei welchen Lehrkräften der Schuh am stärksten drückt», sagte der Vorsitzende der Kommission, der ehemalige Präsident des Niedersächsischen Landesrechnungshofes Richard Höptner. «Handlungsbedarf an den Grundschulen, Gesamtschulen und Gymnasien besteht vor allem deshalb, weil die Aufgaben außerhalb der Unterrichtserteilung enorm zugenommen haben. Hier muss der Arbeitgeber Land Niedersachsen seinen Bediensteten wieder mehr Luft verschaffen.» Für pauschale Kürzungen der Unterrichtsverpflichtung sieht das „Expertengremium Arbeitszeitanalyse zur Neuregelung der Arbeitszeit der Lehrkräfte” (so der offizielle Titel) allerdings keine rechtliche Veranlassung.
Rund ein Jahr lang hat sich das elfköpfige Gremium aus Wissenschaft, Schulpraxis und Schulverwaltung mit arbeitszeitrelevanten Tätigkeiten von Lehrkräften und Schulleitungen befasst. Mit der Einsetzung hatte Kultusministerin Heiligenstadt auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur höheren Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrer reagiert. Die Richter hatten diese 2015 auch mit dem Hinweis gekippt, dass es keine nachvollziehbare Erfassung der Lehrerarbeitszeit gibt. Nach einer Studie der Bildungsgewerkschaft GEW arbeiten Niedersachsens Gymnasiallehrer im Durchschnitt pro Woche drei Stunden und fünf Minuten zu viel, Grundschullehrer kommen pro Woche auf eine Stunde und zwanzig Minuten Mehrarbeit.
Vertiefende Untersuchungen
Die zugrundeliegende Arbeitszeitstudie der Universität Göttingen im Auftrag der GEW ist nach Ansicht des Expertengremiums „eine gute empirische Basis für die hier vorzunehmende Bestandsaufnahme, also des Status Quo in Niedersachsen”, wie es in dem vorliegenden Sachstandsbericht heißt. Für niedersächsische Lehrkräfte an Grundschulen, Gesamtschulen und Gymnasien liefere die Göttinger Arbeitszeitstudie „aktuelle, differenzierte und repräsentative Arbeitszeitdaten”. Konsequenzen haben deren Ergebnisse aber nicht – vorerst jedenfalls nicht. Das Gremium sieht es als notwendig an, vertiefende Untersuchungen durchführen zu lassen. Für den Schlussbericht sollen jetzt noch weitere Erkenntnisse bezüglich der arbeitszeitlichen Belastungen von Schulleitungen aufgrund der Eigenverantwortlichkeit der Schulen und des Ganztagsbetriebes gewonnen werden. Auch die arbeitszeitliche Belastung von Lehrkräften an Schulen mit besonderen sozialen Herausforderungen ist nach Ansicht der Expertinnen und Experten näher zu beleuchten. N4t / mit Material der dpa