FLENSBURG. Ein innovatives Projekt, das bundesweit Schule machen sollte: Eine Woche lang hat ein 23-köpfiges Team von Lehramts-Studierenden der Europa-Universität Flensburg (EUF) den kompletten Unterricht der zweizügigen Sankt-Jürgen-Schule in Schleswig übernommen. In dieser Zeit konnte das 14-köpfige Kollegium der Grundschule gemeinsam auf Fortbildungsreise gehen – es besuchte zwei Schulen, die schon erfolgreich am Deutschen Schulpreis teilgenommen hatten.
„In Jahr 2013 konnte die Schule bereits ihr 50jähriges Jubiläum feiern. Viele Kinder haben in den zurückliegenden Jahrzehnten hier ihre ersten Schuljahre verbracht“, so heißt es auf der Homepage der Schule. Was in der vergangenen Woche passiert ist, hat aber noch keiner der bisherigen Schüler hier erlebt: Alle 13 Lehrerinnen und der einzige Lehrer des Kollegiums waren weg. „Schuladoption!“, so wurde die Aktion auf der Webseite angekündigt. „Unsere Junglehrer übernehmen die Schule und der Rest des Kollegiums bildet sich fort!“
Für das Projekt hatten sich die 23 Studierenden freiwillig gemeldet. Alle studieren im dritten Semester den Masterstudiengang „Lehramt an Grundschulen“. Was haben für Erfahrungen gemacht? „Man ist mittendrin, das ist sehr, sehr praxisnah, praxisnäher als jedes andere Praktikum, das ich bisher gemacht habe“, fasste der 26-jährige Jan-Niklas Möller, der Mathe und Sachunterricht studiert, die Woche zusammen. „Man kann nicht leugnen, dass das sehr anstrengend ist. Ich dachte, es sei ein Mythos, dass Lehrerinnen und Lehrer nie zum Essen kommen, aber das ist echt so.“ Die 25-jährige Mathe- und Kunst-Studentin Lea Hamm meinte: „Die Stützräder waren weg. In den anderen Praktika hatten wir immer eine Mentorin, es war immer jemand da, der die Hauptverantwortung hatte. Und das war jetzt weg. Es gab niemanden mehr, der mehr zu sagen hat, als wir.“
„Die Schuladoption ist für die Studierenden eine Kompletterfahrung: Schule in Echtzeit“, meinte Michael Tholund, im schleswig-holsteinischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur für die Lehrkräfteausbildung zuständig.
“Konzentriert und intensiv”
Während die 23 Studierenden sich um 150 Schülerinnen und Schüler in acht Regel- und zwei DaZ-Klassen kümmerten, hospitierte das Stammkollegium zwei Tage bei der Sankt-Nikolai-Schule Sylt (Schulpreis-Gewinner 2016) und einen Tag in der Schule im Autal Sieverstedt (Teilnehmer am Wettbewerb des Deutschen Schulpreises 2015). Für Schulleiterin Gabi Rohder eine positive Erfahrung: „Durch das Projekt Schuladoption wurde uns die Möglichkeit gegeben, als Kollegium eine Woche lang an unserem Schulprogamm konzentriert und intensiv zu arbeiten. Gleichzeitig freuen wir uns über den gewonnenen Kontakt zur Universität und erhoffen uns eine weitere Zusammenarbeit und neue Impulse.“
Diese Vernetzung ist einer der positiven Effekte der Schuladoption, sagte Johanna Gosch, die im Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung der EUF die Schuladoption betreut: „Die Besonderheit der Schuladoption ist die enge Begleitung der Studierenden und die konstruktive Kooperation der verschiedenen Akteure.“ Die Idee der Schuladoption, die von der Europa-Universität nach Deutschland gebracht und erstmals 2014 hierzulande umgesetzt wurde, stammt ursprünglich aus Norwegen. Mittlerweile fände sie zunehmend Beachtung, erklärte Jürgen Schwier, Vizepräsident für Studium und Lehre an der EUF: „Die Schuladoption hat sich im Rahmen des Praxissemesters zu einem national wie international beachteten Erfolgsmodell entwickelt. Persönlich bin ich jedes Jahr auf Neue von dem Enthusiasmus beeindruckt, mit der sich die Studierenden dieser ernsthaften Aufgabe stellen.“ N4t

