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Sprachförderung für Flüchtlingskinder nach wie vor aktuell

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POTSDAM. Die Zahl der Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland kommen ist nach dem Boom in den Jahren 2015 und 2016 im letzten Jahr stark zurückgegangen. Die Integration der bereits angekommen stellt für das Schulsystem immer noch eine Herausforderung dar.

Deutschlehrer Piotr Olejniczak liest aus seinem alten Schulbuch vor, mit dem er selbst vor gut 30 Jahren Deutsch gelernt hat. «Eine tolle Geschichte» über einen Reisenden, der am Bahnhof auf seinen Zug wartet. «Er fragt den Fahrdienstleiter», liest der 43-Jährige. In den Gesichtern seiner Schüler aus Syrien, Afghanistan und Russland spiegeln sich Fragezeichen. «Was ist ein Fahr-dienst-leiter?», fragt eine Schülerin mit Hijab. «Der Mann, der für den ordnungsgemäßen Ablauf des Zugverkehrs im Bahnhof sorgt», lautet die Antwort. «Und was ist ein Warte-saal?» Nur mühsam kommt der Schülerin das Wort über die Lippen.

Viele Junge Flüchtlinge brauchen an Schulen noch Unterstützung. Foto: DFID / Flickr (CC BY 2.0)

«Lange und zusammengesetzte Wörter sind für meine Schüler am schwierigsten», erläutert Olejniczak, der seit eineinhalb Jahren an der Herbert-Tschäpe-Oberschule in Blankenfelde Mahlow die Vorbereitungsgruppen mit Flüchtlingskindern unterrichtet. Zuvor hatte er zwölf Jahre lang im schlesischen Zielona Góra (Grünberg) Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Doch wegen sinkender Schülerzahlen sah er dort keine Perspektive mehr. Nun bringt er Flüchtlingskindern Deutsch bei – und deutsche Kultur.

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«Die meisten Schüler kommen aus dem arabischen Raum und dort herrscht eine ganz andere Kultur», erläutert Olejniczak. «So müssen sie sich angewöhnen, sich zu melden und nicht einfach irgendwas in den Raum zu schreien.» Auch in seinem Sportunterricht werden Mädchen und Jungen zunächst getrennt. «Wir nehmen Rücksicht darauf, dass sich die Kinder nicht einfach in einem gemeinsamen Raum umziehen können», erläutert Schulleiterin Michaela Töpelmann. Über Sportspiele werden Jungen und Mädchen aber aneinander herangeführt. «Und beim Fußball sind die Jungs sowieso alle mit dabei», sagt die Schulleiterin.

Bis zu zwei Jahre lang lernen Kinder und Jugendliche ohne deutsche Muttersprache in den Willkommensklassen, die in Brandenburg Vorbereitungsgruppen heißen, intensiv Deutsch. Die meisten sind Flüchtlingskinder, doch es sind auch Kinder und Jugendliche aus EU-Staaten oder osteuropäischen Ländern wie der Ukraine. «Die Schülerinnen und Schüler nehmen aber nach und nach am Regelunterricht teil», sagt Töpelmann. «Erst in den Fächern Musik und Kunst und dann je nach ihren wachsenden Sprachkenntnissen auch in den anderen Fächern.»

Sind die sprachlichen Grundlagen erstmal gelegt, können die Jugendlichen an der Oberschule an Förderkursen teilnehmen, um auch fehlende Kenntnisse in den Unterrichtsfächern auszugleichen. Die Zahlen des Bildungsministeriums bestätigen, dass damit die Zahl der Schüler in Fördermaßnahmen noch wächst. Vom niedrigsten Wert mit 780 Schülern im Schuljahr 2010/2011 hat sich deren Zahl mit aktuell 8804 im Schuljahr 2017/18 mehr als verzehnfacht. Aktuell gibt es 144 Vorbereitungsgruppen und mehr als 900 Förderkurse.

«Zwei Jahre nach dem großen Zuzug von Flüchtlingen im Herbst 2015 haben diese Kinder Deutsch gelernt und viele wechseln in die Förderkurse», erläutert Ministeriumssprecher Ralph Kotsch. So sinkt die Zahl der Schüler in den Vorbereitungsgruppen und steigt in den Förderkursen.

«Auch wenn der Zustrom von Flüchtlingen abnimmt, hat die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund an unseren Schulen weiterhin eine hohe Priorität», sagt Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Viele junge Flüchtlinge aus dem Jahr 2015 nähmen längst am Regelunterricht teil. «Wir werden die Geflüchteten auf ihrem weiteren Weg unterstützen, sei es in der Schule, in der beruflichen Bildung oder im Studium», betont Ernst. (Klaus Peters, dpa)

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