Florian Schwalsberger / flickr (CC BY 2.0)
Bundesweit gelangen immer mehr Akademiker ohne pädagogische Qualifikation in den Schuldienst. In Berlin sind schulformübergreifend schon rund 40 Prozent der neueingestellten Lehrkräfte solche Seiten- oder Quereinsteiger – bei der Einstellungsrunde im Februar für die Grundschule betraf das sogar drei von vier Neulinge. Die Qualifikation für den Lehrerberuf erfolgt dann parallel zum Einsatz in der Schule. Kandidaten, die nur ein Fach studiert haben und deshalb „nicht unmittelbar in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst aufgenommen werden können“ (wie es auf der Homepage der Bildungsverwaltung heißt), können diese Qualifikation durch berufsbegleitende Studien in ausgewählten Fächern erwerben. Für das Lehramt an Grundschulen etwa müssen Studienleistungen für die Fächer Deutsch und Mathematik erbracht worden sein – und, sofern nicht vorhanden, beide Fächer berufsbegleitend studiert werden.
„Wir befinden uns in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis mit dem Land Berlin unter der Auflage, dass wir dieses Studium erfolgreich absolvieren“, so berichten nun die Quereinsteiger. „Zurzeit werden Weiterbildungsstudiengänge in einer Reihe von Fächer für das Lehramt an Grundschulen und ISS/Gymnasien angeboten. Zur Sicherung der Qualität von Bildung an Berliner Schulen werden wir am StEPS (das Kürzel steht fpür „Studienzentrum für Erziehung, Pädagogik und Schule“, d. Red.) und an der FU Berlin ausgebildet.“
So weit, so gut. Aber, so monieren die Betroffenen: „Diese Ausbildungsgänge seien nicht transparent gestaltet. Inhaltlich gingen sie an den Anforderungen einer hochwertigen Lehrerbildung vorbei. Für die Studierenden der Weiterbildungsstudiengänge sei es bislang nicht ersichtlich, nach welchen Vorgaben die Inhalte erstellt und wie die Leistungen bewertet werden. Es existiere bisher keine offizielle Prüfungskommission, an die sich in Streitfragen gewandt werden kann. Studien- und Prüfungsordnungen existierten auch nicht. Kurzum: „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, so meinen die Quereinsteiger und betonen in ihrem Schreiben an Scheeres, in allen verschiedenen Phasen des Quereinstiegs bestünden „diverse Mängel“. „Wir fordern daher nicht nur einen wertschätzenden Umgang mit uns Quereinsteiger*innen, sondern eine grundlegende Verbesserung des Quereinstiegs, um engagierte und gut ausgebildete Lehrkräfte zu gewinnen.“
In dem Brief konzentrieren sich die Absender auf die Phase der berufsbegleitenden Studien. Konkret verlangen sie dafür:
- “schnellstmöglich Curricula für alle Studiengänge zu veröffentlichen, und deren Erarbeiter*innen sowie die wissenschaftlichen Berater*innen der Erarbeitung zu benennen,
- eine Studienordnung und Prüfungsordnung zu erlassen, die Rechtssicherheit und Vertrauensschutz für die Studierenden ermöglicht,
- verlässliche und transparente Regularien für besondere Fälle wie Krankheit, Schwangerschaft, Elternzeit etc. zu erstellen,
- eine Prüfungskommission zu benennen und unabhängige Zweitkorrekturen von wichtigen Arbeiten zu ermöglichen,
- zwei Wiederholungsprüfungen zu ermöglichen, wie das deutschlandweit an Universitäten gängige Praxis ist,
- die Bildung einer Studierendenvertretung zu ermöglichen,
- die nicht genutzten Räume des StEPS für die Studierenden zu öffnen und den Zugang zum Internet über ein gesichertes WLAN bereitzustellen,
- die berufsbegleitenden Studien unabhängig und wissenschaftlich evaluieren zu lassen und die Ergebnisse regelmäßig zu veröffentlichen.”
„Als Quereinsteiger*innen leisten wir tagtäglich unverzichtbare Arbeit an den Berliner Schulen. Nur mit unserem Einsatz kann an vielen Berliner Schulen der Unterricht überhaupt abgedeckt werden“, so heißt es in dem Brief. „Wir sind daran interessiert, in unserer Ausbildung als Quereinsteiger*innen adäquat auf die Berufspraxis vorbereitet zu werden.“ Der Bildungsverwaltung werfen die Initiatoren vor, Verbesserungen dabei „offenbar nur halbherzig“ zu verfolgen. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus