Website-Icon News4teachers

Länger gemeinsam lernen – in Sachsen nun theoretisch möglich, die Hürden für Gemeinschaftsschulen sind aber hoch

Anzeige

DRESDEN. In Sachsen können Schülerinnen und Schüler fortan theoretisch über die Klasse 4 hinaus gemeinsam lernen: Mit großer Mehrheit hat der Landtag für die lange Zeit umstrittene Gemeinschaftsschule gestimmt. Die Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und SPD sowie Linken befürworteten die Änderung im Schulgesetz, die AfD war dagegen. Die Hürde, die neue Schulart in der Realität umzusetzen, ist nach Ansicht von Experten allerdings sehr hoch.

Die Möglichkeit, dass Kinder in Sachsen länger gemeinsam lernen können, unterstützten mehr als 50.000 Menschen mit ihrer Unterschrift unter dem Volksantrag. Foto: Shutterstock

Damit geht ein Konflikt zu Ende, der seit der Verabschiedung des ersten Schulgesetzes in Sachsen 1991 immer wieder eine Rolle spielte. Allerdings kommt die neue Schulart nicht so ins Gesetz, wie das mehr als 50.000 Menschen mit ihrer Unterschrift unter einen Volksantrag wollten. Auf Druck der CDU wurden Hürden eingebaut, die nach Ansicht von Experten das längere gemeinsame Lernen flächendeckend im Freistaat unmöglich machen. Die Schulart soll nur möglich sein, wenn es ab Klasse 5 Vierzügigkeit gibt – also vier Parallelklassen.

Kultusminister Christian Piwarz (CDU) erinnerte daran, dass es einen erbitterten Streit um die Gemeinschaftsschule gab (news4teachers berichtete). Nun sei beides möglich – die Gemeinschaftsschule und das gegliederte Schulsystem. Es sei ein Kompromiss gefunden worden, den es umzusetzen gelte. Die Gemeinschaftsschule sei gleichberechtigt und werde nicht besser und nicht schlechter gestellt als andere Schularten. Alle hätten ein ureigenes Interesse, dass auch die neue Schulform erfolgreich sei.

Anzeige

CDU: „Hürde bewusst hochgelegt“

Stephan Meyer, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU, hatte schon vor dem Beschluss eingeräumt, dass die Hürde für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen relativ hoch liegt. Es werde wohl eher auf neue Schulen in den Großstädten hinauslaufen: „Wir haben die Hürde bewusst hochgelegt, um die Qualitätsanforderungen sicherzustellen.“ Meyer vermutete, dass es nur wenige Neugründungen geben wird.

SPD-Bildungsexpertin Sabine Friedel ging dagegen davon aus, dass sich gut 150 der rund 280 Oberschulen in Sachsen nun auf den Weg machen können. Sie sprach genau wie Grünen-Politikerin Christin Melcher von einem historischen Tag.

„Langer Atem lohnt sich! Ich freue mich, dass es nach jahrelangem Ringen und intensiven Debatten endlich gelungen ist, in Sachsen einen Schulfrieden wiederherzustellen und das längere gemeinsame Lernen zu ermöglichen“, betonte SPD-Chef und Wirtschaftsminister Martin Dulig. Er hoffe, dass nun möglichst viele dieser Schulen gegründet werden und sich damit „eine herbe Lücke“ in der Schullandschaft schließt.

Kritik von der Linken

Weit weniger Euphorie gab es auf Seiten der Linken, die genau wie die SPD und die Grünen dem „Bündnis Gemeinschaftsschule in Sachsen“ angehörten, das die Unterschriften für den Volksantrag gesammelt hatte. Die Abgeordnete Luise Neuhaus-Wartenberg nannte das nun beschlossene Gesetz eine „sinnentstellte Variante des Volksantrages“. Die Linken wollten per Änderungsantrag noch einmal den ursprünglichen Volksantrag zur Abstimmung stellen. Damit scheiterten sie genauso wie die AfD, die erfolglos für ihr Modell einer Technischen Oberschule warb. Die AfD verlangte, das Volk über die diversen Varianten abstimmen zu lassen.

Das Bündnis Gemeinschaftsschule in Sachsen hatte vor der Abstimmung klargestellt, dass der Volksantrag bereits ein Kompromiss war. Denn das längere gemeinsame Lernen sollte ohnehin nur als Möglichkeit in das Schulgesetz. „Das vorgeschlagene optionale Modell stellt keinen drastischen Einschnitt in die Schullandschaft dar, sondern ergänzt behutsam.“ Die Gemeinschaftsschule soll entstehen können, wenn Eltern, Kinder, Lehrkräfte und Schulträger einer Umwandlung bestehender Schulen zustimmen.

Landesschülerrat begrüßt die zusätzliche Option

Der Landesschülerrat begrüßte die Entscheidung für die Gemeinschaftsschule. „Die Einführung der Gemeinschaftsschule gibt sächsischen Schülerinnen und Schülern eine zusätzliche Option bei der Entscheidung, welchen Bildungsweg sie gehen möchten“, teilte die Vorsitzende des Gremiums, Joanna Kesicka, mit. Auch der Landesschülerrat hatte den Volksantrag unterstützt. Für die Schülerinnen und Schüler, so Kesicka, stehe im Vordergrund, „dass überhaupt eine Gemeinschaftsschule flächendeckend möglich wird – es gab letztendlich nur die Entscheidung zwischen gar keiner Gemeinschaftsschule oder dem Koalitionskompromiss“. (dpa)

Wie gerecht ist das Schulsystem? Kinder aus armen Familien werden nach wie vor benachteiligt – ein Debattenbeitrag

Anzeige
Die mobile Version verlassen