„Kampf gegen Gleichmacherei“: Der Volksantrag zur Einführung der Gemeinschaftsschule in Sachsen wird zum bundesweiten Politikum

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BERLIN. Ein bisschen fühlt man sich in die 70-er Jahre mit ihren ideologischen Auseinandersetzungen um die Bildung zurückversetzt. Der Deutsche Realschullehrerverband (VDR) zieht in den „Kampf gegen Gleichmacherei und Qualitätsabbau“, wie es in einer aktuellen Pressemitteilung heißt. Gemeint ist: gegen die Einführung der Gemeinschaftsschule in Sachsen. Eine regionale Initiative, der auch die GEW angehört, sammelt Unterschriften für einen entsprechenden Volksantrag. Die Gegner formieren sich jetzt bundesweit: Zum Realschullehrerverband hat sich in einem „Bildungsallianz des Mittelstands“ der Deutsche Philologenverband, der Deutsche Lehrerverband und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft gesellt.

Der Kampf um die Gemeinschaftsschule in Sachsen mutet etwas verbissen an. Foto: Shutterstock

„Dass es bildungspolitische Fehlentwicklungen in so manchem Bundesland gegeben hat, ist das eine. Dass diese Fehler aber wieder neu gemacht werden sollen, grenzt an Einfalt und Ignoranz“, poltert Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbands (VDR). Der Anlass: ein „Vorstoß der GEW unter dem Dach einer Initiative, in Sachsen eine Gemeinschaftsschule per Unterschriftensammlung“ einführen zu wollen. Tatsächlich geht’s um einen Volksantrag, der 40.000 Stimmen braucht, um auf die Tagesordnung des Sächsischen Landtags zu kommen. Vor zwei Wochen fehlten nur noch 7.000 Stimmen, um die Marke zu erreichen.

Dann würde es wohl tatsächlich ernst: Zwar lehnt die CDU, die aktuell mit Michael Kretschmer den Ministerpräsidenten stellt, die Gemeinschaftsschule ab. Die mitregierende SPD steht dem Ansinnen aber offen gegenüber. Die Grünen und die Linke sind dafür, die AfD (wie wohl auch die FDP) dagegen. Wie die Mehrheitsverhältnisse nach der Landtagswahl am 1. September aussehen, weiß niemand. Doch selbst, wenn das Parlament den Volksantrag ablehnen sollte, ist das Projekt noch längst nicht gescheitert – dann können die Initiatoren ein „Volksbegehren“ mit dem Ziel in Gang setzen, einen „Volksentscheid“ über den Antrag herbeizuführen. Mindestens 450.000 Stimmberechtigte müssen das Volksbegehren durch ihre Unterschrift unterstützen. Gelingt das, wird landesweit abgestimmt. Der Gesetzentwurf ist angenommen, wenn er schlicht mehr Ja- als Nein-Stimmen erhält.

Aussichtslos ist das Unterfangen keineswegs: Bei einer Umfrage 2017 lehnten knapp zwei Drittel der Bürger in Sachsen die übliche Aufteilung der Kinder nach Klasse vier ab. Nur 31 Prozent hielten die frühe Differenzierung für richtig

„Schulwesen setzt auf Leistung und Können“

Entsprechend krachledern geht es auf Seiten der konservativen Lehrerverbände zur Sache. „Das sächsische Bildungssystem ist seit 1990 deshalb so erfolgreich, weil es mit seinem differenzierten Schulwesen auf Leistung und Können setzt“, meint Böhm. Die sächsischen Lehrkräfte trügen enorm bei zu diesem Erfolg: Seit jeher verlangten sie viel von ihren Schülerinnen und Schülern. Qualitätsabbau und Kuschelpädagogik hätten „noch nie ganz oben auf der sächsischen Schulagenda“ gestanden. „Dass dieses erfolgreiche System nun durch eine ideologiegeleitete Reform zerstört werden soll, ist mir völlig unverständlich. Selbsternannte Bildungsexperten wollen allem ihren Stempel aufdrücken und ruinieren, was erfolgreich ist – nur, weil es nicht ihrer Idee entspricht!“, schimpft Böhm.

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Was er verschweigt: Das sächsische Erfolgsmodell hat auch seine Schattenseiten. So gibt es im Freistaat weit überdurchschnittlich viele Schulabbrecher. Innerhalb der vergangenen zehn Jahren hat sich in Sachsen der Anteil von Schülern, die eine Privatschule besuchen, verdoppelt. Warum wenden sich immer mehr Eltern vom staatlichen Bildungssystem im Freistaat ab, fragt der mdr in einem Beitrag. „Weil es hierarchisch gegliedert ist, weil es eine Abstiegsmobilität gibt. Die Abstiegsmobilität ist dreimal so hoch wie die Möglichkeit, in diesem System aufzusteigen“, antwortet der Erziehungswissenschaftler Prof. Wolfgang Melzer.

Hier will die Initiative „Länger gemeinsam lernen“ gegensteuern. Ihr geht es nach eigenem Bekunden auch gar nicht um die Zerschlagung des bislang zweigliedrigen Systems aus Gymnasium und Oberschule – sondern um eine Ergänzung des Angebots. „Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen sichern tagtäglich die Qualität des sächsischen Schulsystems. In Sachen Innovation werden sie jedoch ausgebremst. Deshalb setzt sich die GEW Sachsen zusammen mit ihren Mitgliedern dafür ein, dass Gemeinschaftsschulen dort entstehen können, wo Schulträger, Lehrkräfte, Schüler und Eltern dies wollen“, sagt die Landesvorsitzende Uschi Kruse. „Dabei muss gegenüber Kritikern des Volksantrages klar gesagt werden: Wir wollen das sächsische Schulsystem nicht aus den Angeln heben. Wir wollen lediglich die Option schaffen, dass an einzelnen Standorten längeres gemeinsames Lernen möglich ist. Wenn die Beteiligten vor Ort dies nicht wollen, wofür es gute Gründe geben kann, bleibt alles beim Alten.“

Das aber ficht die Gegner der Initiative nicht an. Petra Müller, stellvertretende Landesvorsitzende des Sächsischen Lehrerverbands, meint: „Mit diesem Konzentrationsprozess auf wenige Gemeinschaftsschulen wird auch der letzte kleine Oberschulstandort in der Fläche geopfert werden. Wer nicht begreift, dass die Oberschule die passende Antwort auf regionale Bedürfnisse und für mittlere Gemeinden gibt, der wird mit einer Mogelpackung erwachen.“ News4teachers

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Auch der  Sächsische Lehrerverband hat sich auf der Facebook-Seite von News4teachers zu Wort gemeldet.

Merkels stille Schulrevolution: Wie die Kanzlerin die Gesamtschule für die Union salonfähig macht

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xxx
4 Jahre zuvor

Wie in Bayern glauben auch die sächsischen Eltern, dass ihre Kinder begabter werden, wenn sie alle das Gymnasium besuchen. Ob dieses dann Gemenschaftsschule heißt oder nicht, läuft im Endeffekt auf das Gleiche hinaus.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich würde gerne mal von Ihnen wissen, wann ein 10-jähriges Kind für das Gymnasium, die Realschule und die Hauptschule begabt ist. Und wie man dies feststellen soll. Vielleicht ist Ihnen entgangen, dass die Begabungstheorien (Begabungstypen) des vorletzten Jahrhunderts schon lange widerlegt sind.

Sophia St.
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Mir ist entgangen, dass die Begabungstheorien widerlegt sind. Sie wurden nur modifiziert.
Außerdem kann man schon recht gut erkennen, wie weit und auf welchem Gebiet ein 10-jähriges Kind begabt ist oder nicht.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Sophia St.

Hier einige Aussagen zur Begabung der renommierten Kognitionspsychologin E. Stern von der Uni Zürich:
Auszug aus einem Spiegel-Interview von 2017:
„Intelligenz stabilisiert sich erst mit etwa zwölf Jahren. Die frühe Selektion führt zu einer riesigen Schnittmenge an Kindern mit gleich hohem IQ, die willkürlich auf der Realschule oder auf dem Gymnasium landen, manchmal sogar auf der Hauptschule. Eltern müssen nur genügend pushen, dann landen sogar recht schwache Kinder auf dem Gymnasium.“
oder:
„Wenn ich gegen unser dreigliedriges System bin, dann nicht, weil alle Menschen gleich sind, sondern weil sie so verschieden sind, dass diese drei Töpfe ihnen nicht gerecht werden. Diese Individualisierung darf aber nicht ideologisch von oben verordnet werden. Sonst wird das gegen die Wand gefahren – genau wie die Inklusion.“

Der gegliederten Sekundarstufe des bundesdeutschen Schulsystems liegt die sogenannte Begabungsideologie zugrunde. Diese besagt, dass es für verschiedene Begabungen auch verschiedene, „begabungsgerechte“ Schulen geben muss. In Deutschland gibt es genau drei Begabungstypen, die passgenau dem Gymnasium, der Realschule oder der Hauptschule zugeordnet werden können. Wissenschaftlich ist diese Ideologie von der Dreifaltigkeit der Begabungen allerdings längst erledigt.Dies ist ein Begabungsbegriff auf dem Stand der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Abgesehen von dieser antiquierten Vorstellung der unterschiedlichen Begabungstypen wird die Tatsache völlig ignoriert, dass die Verteilung auf die Schularten eben auch nach sozialer Herkunft erfolgt.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Letzteres liegt daran, dass die soziale Herkunft signifikant mit den Begabungstypen korreliert.

Pälzer
4 Jahre zuvor

Der Artikel ist eher Stimmungsmache als Bericht, besonders krass wird das an dem Axtkampf- Bild sichtbar, was ja nun wahrlich keinerlei realen Bezug zur Meldung hat. Könnte News4Teachers nicht stärker als Informationsmedium handeln und sich rationaler, objektiver Berichterstattung verpflichtet sehen? ?

Beate S.
4 Jahre zuvor
Antwortet  Redaktion

Mein Eindruck deckt sich mit dem von Pälzer. Sie mischen oftmals die Berichterstattung mit Ihrer Meinungsabgabe zu den Geschehnissen. Die deutlich wertende Art und Weise, wie Sie über etwas „berichten“ lässt daran keinen Zweifel.
Ich wünsche mir auch, dass Sie „stärker als Informationsmedium handeln und sich rationaler, objektiver Berichterstattung verpflichtet sehen“ oder einen Artikel als Kommentar ausweisen.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Beate S.

Danke an Pälzer und Beate S. für die Erinnerung der Redaktion an die ursächliche Aufgabe guter journalistischer Berichterstattung.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

@ XXX
„Letzteres liegt daran, dass die soziale Herkunft signifikant mit den Begabungstypen korreliert.“

Woher haben Sie denn diese Erkenntnis? Der Gebrauch von „signifikant“ lässt daraus schließen, dass Sie empirische Forschungen mit diesen Befunden kennen. Bin gespannt, was Sie da liefern werden.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Bitteschön:

https://m.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/183038/schulbesuch-nach-schulabschluss-der-eltern

Sie können auch nach „Bildungsabschluss Eltern Schulform Kinder“ suchen.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor

@ xxx
In der von Ihnen angegebenen Quelle finde ich u.a. folgendes:
„Insbesondere das Bildungsniveau der Eltern hat sehr großen Einfluss auf den Bildungsabschluss der Kinder (ausgehend vom Elternteil mit dem höchsten Abschluss): Von den Eltern der Kinder, die im Jahr 2012 ein Gymnasium besuchten, hatten 61,3 Prozent das Abitur oder Fachabitur, 24,1 Prozent hatten einen Realschulabschluss (oder einen gleichwertigen Abschluss) und lediglich 7,8 Prozent der Kinder hatten Eltern mit einem Volks- oder Hauptschulabschluss. Auf der anderen Seite hatten von den Eltern der Kinder, die im Jahr 2012 eine Hauptschule besuchten, lediglich 13,0 Prozent die Fachhochschul- oder Hochschulreife und 28,2 Prozent einen Realschulabschluss. 44,5 Prozent der Eltern von Hauptschülern hatten selbst einen Hauptschulabschluss. Auch bei den Realschülern hatten die Eltern am häufigsten selbst einen Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss als höchsten allgemeinen Schulabschluss (38,6 Prozent). Der Volks- oder Hauptschulabschluss beziehungsweise die Fachhochschul- oder Hochschulreife waren unter den Eltern der Realschüler mit 23,7 beziehungsweise 26,0 Prozent etwa gleich stark verbreitet. Weiter hatten Hauptschüler im Jahr 2012 überdurchschnittlich oft Eltern, die über gar keinen Bildungsabschluss verfügen (11,2 Prozent), Bei den Realschülern lag der entsprechende Wert bei 3,3 Prozent und bei den Gymnasiasten bei lediglich 1,4 Prozent.

Schließlich wird laut dem Bildungsbericht 2010 auch der Übergang in die Hochschule stark durch das Bildungsniveau des Elternhauses beeinflusst. Die Wahrscheinlichkeit, ein Studium zu beginnen, ist (auch bei gleichen Abiturnoten) deutlich größer, wenn zumindest ein Elternteil bereits ein Hochschulstudium abgeschlossen hat. An diesem Befund „hat sich seit mehr als einem Jahrzehnt nichts Wesentliches verändert“. “
Deutlicher kann man die hohe Kopplung zwischen Bildungsniveau im Elternhaus und dem Schulbesuch der Kinder nicht belegen.
Dies belegt aber keinesfalls – wie Sie behaupten – dass dies mit den vermeintlichen „Begabungstypen“ korreliert. Also wer auf der Hauptschule ist, ist handwerklich begabt? Wer auf dem Gymnasium ist, ist wissenschaftsorientiert begabt? Das will man bei 10-jährigen Kindern feststellen? So ein Unsinn. Ich dachte, wir leben in einem aufgeklärten Zeitalter und nicht im vorletzten Jahrhundert.

Ich persönlich hoffe, dass mein Zahnarzt handwerklich begabt ist.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Sie wissen wie ich, dass sich Schulformempfehlungen der Grundschule eher auf kognitive Auffassungsgabe, Ausdauer und Belastbarkeit beziehen.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Das rechtfertigt aber nicht die Aufteilung von 10-jährigen Kindern auf die 3 Schulformen HS, RS und Gym. Sie sind ja, das wissen Sie ja auch, als Relikte der Ständegesellschaft des vor-vorletzten Jahrhunderts erhalten.
Frau Prof. Stern hat mit ihrem Hinweis auf Willkürlichkeit recht. Deutlich wird dies wenn man die Überlappungsbereiche zahlreichen Kompetenz-Studien zur Kenntnis nimmt.

Cornelia
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Allerdings ist überhaupt nicht bewiesen, dass Schüler besser lernen, wenn sie alle in einen Topf geschmissen werden. Eine reine Strukturänderung verbessert nicht automatisch den Unterricht.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Cornelia

Das ist sicherlich richtig. Dies gilt aber ebenfalls umgekehrt für differenzierte Schulsysteme.
Wenn es um Strukturfragen geht, wird gerne die Meta-Studie von Hattie als Kronzeuge gegen Strukturänderungen ins Feld geführt, danach käme es nicht auf die Struktur an, sondern auf den Lehrer.
Dies sagt aber Hattie keineswegs. Seine Meta-Studie hat im Gegenteil ergeben, dass Leistungsdifferenzierte Klassenbildung keine Wirkung auf den Lernerfolg hat, aber Gerechtigkeit verhindert. Wenn Hattie davon spricht, dass Schulstrukturen unbedeutend sind, so meint er damit auch, dass die „leistungsdifferenzierte Klassenbildung“ (»ability grouping«; auch »tracking« und »streaming«) keine Wirkung hat; das entsprechende Effektmaß beträgt d = .12. Es geht hierbei um eine homogene Gruppierung von Schülerinnen und Schülern über alle Fächer hinweg nach Fachleistungen, wie sie – auf unsere Verhältnisse übertragen – in etwa den Schulformen im gegliederten deutschen Schulsystem entspricht. Hattie bilanziert:
„Die Ergebnisse zeigen, dass die leistungsdifferenzierte Klassenbildung nur einen minimalen Effekt auf die Lern-Outcomes (s.o. d=.12) und deutlich negative Gerechtigkeitseffekte aufweist“ (Hattie 2013, S. 107).
Auch wenn Hatties Forschungsbilanz zeigt, dass ein »Tracking«-System, also eine leistungsbezogene Einteilung der Schülerinnen und Schüler (beispielsweise in Form von Schularten), keine besseren Fachleistungen nach sich zieht als ein Unterricht in heterogenen Jahrgangsklassen in integrierten Schulsystemen (wie beispielsweise an Gesamt-schulen bzw. Gemeinschaftsschulen), so wird dieser Befund in den Ergebnisdiskussionen in der Öffentlichkeit meistens nicht näher zur Kenntnis genommen.
Hattie ist in seiner Forschungsbilanz ganz klar: Er sagt, »tracking« habe nur minimale Effekte auf die Lernergebnisse, aber profunde negative Effekte, was die Gerechtigkeit anbelangt (»equity effects«). Mit Verweis auf andere Autoren betont er, dass »tracking« die unfaire Verteilung von Privilegien garantiere. Aus den Forschungsbefunden wird aber auch deutlich: Die Systemfrage ist nicht die alles entscheidende, aber zugleich gilt: Eine Form des Unterrichts, die Hattie als wirksam bezeichnet, ist auch nicht mit Selektion, Abschulung und Abstufung vereinbar.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Willkür wäre es, wenn die Kinder ohne Blick auf die Noten auf die Schulformen verteilt werden würden. Für die unklaren Fälle gibt es die bedingten Empfehlungen. Wenn die Empfehlung falsch war, können die Kinder spätestens zu Beginn der Klasse 7 wechseln. Dass der Wechsel meist eine Abschulung vom Gymnasium nach unten ist, liegt daran, dass die Eltern beim freien Willen die Leistungsfähigkeit der Kinder sehr viel häufiger über- als unterschätzen.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Nun versuche ich es nochmal über die gemessene Intelligenz (Intelligenzquotient), um Ihnen die Willkürlichkeit im Sinne der Kognitionspsychologie näher zu bringen:
Die Verteilung der gemessenen Intelligenz auf der Basis von Intelligenzquotienten) ist normalverteilt (Gauss‘sche Glockenkurve). Eine durchschnittliche Intelligenz ist als ein Intelligenzquotient von 100 definiert.
Innerhalb des Bereichs plus-minus einer Standardabweichung liegen rund 68% aller Werte.
Dies entspricht einem IQ-Bereich zwischen 85 und 115 und bedeutet, dass die Intelligenz der meisten Menschen eng beieinander liegt.
Dieser Bereich gilt als „normal intelligent“. (Hochintelligent: IQ > 115 (14%); „Höchstintelligent“: IQ > 135 (1%).)
Nach heutigen Erkenntnissen, vor allem der Zwillingsforschung, ist Intelligenz hochgradig angeboren.
Die Entwicklung der Intelligenz stabilisiert sich schnell und ist mit ca. 15 Jahren abgeschlossen. Die Intelligenz einer Person mit sechs und mit vierzig Jahren korreliert mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,6.
Man nimmt an, dass Umwelteinflüsse eine Auswirkung im Bereich von mindestens 20 IQ-Punkten haben.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Umwelt nur eine geringe Rolle spielt.
Da die Intelligenz von ca. 2 Dritteln der Bevölkerung im Bereich eines IQ von 85 und 115 eng bei einander liegt und deshalb geringfügige Unterschiede einen großen Effekt haben können:
So kann ein „genetisch determinierter“ IQ von 100 durch optimale Förderung auf 110 gebracht werden (Abiturientendurchschnitt) oder ohne jegliche Förderung auf 90 zurück fallen. Übung und Förderung haben einen deutlichen Effekt! Die vielfach nachgewiesenen differenziellen Lerneffekte des gegliederten Schulsystems wirken sich also bei der Zuweisung auf verschiedenen Schulformen entscheidend aus. Es ist also nicht egal, in welcher Schulform ein Schüler landet.

Willkürlich im Sinne von E. Stern wird es nun, wenn bezogen auf die Intelligenz gerade dort der Cut für die einzelnen Schulformen gesetzt wird, wo sich die Menschen am ähnlichsten sind (im Intervall 85 -115).
Ich hoffe, dass ich nun den Gebrauch von „Willkür“ hinreichend erläutert habe.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Sie wissen, dass Sie hochgradig rassistisch argumentieren?

Wie dem auch sei: Selbst wenn Sie eine Schwankung von +/- 20 IQ-Punkten annehmen, können Sie aus einem normal intelligenten Menschen (IQ 100) keinen hochbegabten Menschen (IQ 130+) machen. Entsprechend ist ein wirklich hochbegabter Mensch (IQ 135) unter miserabelsten Bedingungen (Reduktion auf IQ 115) noch deutlich intelligenter als der Durchschnitt. Die von mir priorisierte Drittel-Parität würde die Grenzen bei rund 93-94 und 106-107 setzen.

Gerd Möller
4 Jahre zuvor

Ihren versteckten (in Frageform) Rassismusvorwurf weise ich scharf zurück!!!

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

xxx: „Die von mir priorisierte Drittel-Parität würde die Grenzen bei rund 93-94 und 106-107 setzen.“

Also genau in dem Bereich, wo sich die Menschen am ähnlichsten sind. Genau dies bezeichnet E. Stern als willkürlich, mit Recht. Dies scheint nur Ihnen plausibel zu sein. Da hilft wohl auch keine weitere Argumentation.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Warum kann man dann die ähnlichsten Menschen nicht an eine eigene Schulform packen, die unähnlichsten an eine jeweils eigene?

Gerd Möller
4 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ich will überhaupt keine 10-jährigen irgendwohin „packen“. Mein Argument und das von E. Stern soll lediglich zeigen, dass die Praxis der selektiven Zuordnung in verschiedene Schulformen auf nicht rationaler Basis gegründet ist.

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  Gerd Möller

Noten sind aber noch das rationalste Mittel, das ich mir im Bildungsbereich vorstellen kann. Die meisten Eltern entscheiden sich bei freier Wahl zumindest auch danach. Entscheidungen entgegen der Empfehlungen basieren nur auf Gefühlen und sind damit per def nicht rational.