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Bund-Länder Initiative für sozial benachteiligte Schüler gestartet

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BERLIN/ESSEN. Trotz vieler Bemühungen, dem Zusammenhang von Bildungserfolg und sozialer Herkunft entgegenzuwirken, zeigen sich in Deutschland die sozial bedingten Ungleichheiten im Bildungsbereich nahezu zementiert. Gemeinsam sollen in den nächsten zehn Jahren Wissenschaftler und Schulen Strategien und Konzepte für Schulen in sozial schwierigen Lagen entwickeln. Experten fordern eine differenzierte Ressourcensteuerung.

Der enge Zusammenhang von Bildungserfolg und sozialer Herkunft in Deutschland ist ein beinahe rituell beklagter Befund aus wiederkehrenden Schulleistungsuntersuchungen. Aus anderem Blickwinkel spiegeln die Leistungsvergleiche stets auch „sozialräumliche Ungleichheiten“ bis auf Stadtteilebene. Schulen in herausfordernden Lagen haben es schwerer. Viele ihrer Schülerinnen und Schüler sind sozial benachteiligt und armutsgefährdet, haben weniger passende Unterstützungsmöglichkeiten in der Familie oder wachsen zu Hause nicht mit der Bildungssprache Deutsch auf.

Schulen in Problemlagen haben es schwer Foto: kostanayneversleeps / Pixabay (P. L.)

Schulen in sozial herausfordernden Lagen zu unterstützen soll nun die Bund-Länder Initiative „Schule macht stark“. In der auf zehn Jahre angelegten Initiative stellen Bund und Länder insgesamt 125 Millionen Euro zur Verfügung, um die Bildungschancen von Kindern an Schulen in sozial benachteiligten Lagen systematisch zu verbessern. Zunächst sollen in den nächsten 5 fünf Jahren insgesamt 200 Schulen deutschlandweit mit Bildungswissenschaftlern praxistaugliche Maßnahmen entwickeln, die anschließend auch anderen Schulen zu Gute kommen. Die Umsetzung soll ein neu gegründeter Forschungsverbund aus 13 Institutionen übernehmen.

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Ein Beispiel, wie die Entwicklung von Schulen in herausfordernden Lagen unterstützt werden kann, liefert gerade der Bericht zum Projekt »Potenziale entwickeln – Schulen stärken«. Von 2014 bis 2020 hatten zwei Forschungsteams der TU Dortmund und der Universität Duisburg-Essen erprobt, wie ein datengestützter Ansatz und Netzwerkarbeit die Entwicklungskapazität von Schulen befördern können, gemeinsam mit 36 Schulen der Sekundarstufe I in der Metropolregion Ruhr.

Die Arbeit an Schulen in herausfordernden Lagen stelle hohe Anforderungen an pädagogisches Personal, so die Wissenschaftler: ein besonderes Engagement, sich den Herausforderungen zu stellen, und eine potenzialorientierte Haltung gegenüber Kindern und Jugendlichen, die aus weniger privilegierten Milieus stammen. Überdies bedürfe es spezifischer pädagogischer Kompetenzen, um junge Menschen zu bestärken und auch fachlich bestmöglich zu fördern, ihre Potenziale zu entfalten und Chancenungleichheit entgegenzuwirken.

Die Schulen benötigten entsprechende Ressourcen, aber auch stärkere und spezifische Unterstützung durch gezielte Empfehlungen, Fortbildung und Begleitung bei der Schulentwicklung. „Wir konnten zeigen“, so Heinz Günter Holtappels vom Institut für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund, „dass bestimmte Strukturen und Komponenten unseres Schulentwicklungsprogramms, die in vorherigen Unterstützungsprogrammen eher vernachlässigt wurden, die Schulen bei der zielgerichteten, systematischen und längerfristig angelegten Schulentwicklungsarbeit unterstützt haben.“

Hervorzuheben seien neben der externen Schulbegleitung dabei besonders die Datenrückmeldungen an Schulen zum eigenen Entwicklungsstand, womit die gezielte Entwicklungsarbeit initiiert wurde. Die aktive Beteiligung von engagierten Lehrkräften in Schulnetzwerken habe zur gemeinsamen Erarbeitung innovativer Lösungsansätze zur Bewältigung von Problemen und zu einer nachhaltigen Qualitätsverbesserung der Schulen geführt. „Ein dezidiert auf schulisches Lernen und förderliche Lernbedingungen ausgerichtetes Handeln der Schulleitungen, die Identifikation mit den Veränderungsansätzen und professionelle Teamarbeit der Lehrkräfte erwiesen sich ebenso als besondere Schlüsselfaktoren des Erfolgs“, so Holtappels.

Als ein Hauptergebnis des Projekts sehen die Wissenschaftler die Erkenntnis der Notwendigkeit, gezielt auf die spezifischen Bedingungen einzelner Schulen einzugehen. „Eine differenzierte Ressourcensteuerung ist dringend erforderlich, um Schulen mit besonderen Problemen und Belastungen zu stärken“, fordert Prof. Isabell van Ackeren von der Universität Duisburg-Essen. Die extern bedingten Belastungen selbst ließen sich ohne flankierende Maßnahmen nicht nachhaltig mindern. (zab, pm)

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