KIEL. Trotz Corona-Pandemie gab es vielerorts Halbjahreszeugnisse. Mitunter auf ungewöhnliche Art und Weise – auf dem Parkplatz oder aus dem Fenster heraus. Die SPD beklagt zu großen Notendruck.
Die Lehrer der Beruflichen Schule des Kreises Pinneberg etwa hätten die Zeugnisse am Freitag auf verschiedene Weise ausgehändigt, sagte Schulleiter Ulrich Krause. «Wir geben unter anderem durch die Fenster im Erdgeschoss unsere Zeugnisse aus. Wir empfangen Schüler, die mit einem Auto kommen, auch auf dem Parkplatz.» Dabei hätten die Lehrer die Zeugnisse aus Gründen der Distanz in den Kofferraum der Wagen gelegt. In Einzelfällen seien Schüler auch ins Schulgebäude gelassen worden.
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sprach von einem fordernden Schulhalbjahr. «Danke an alle, die an Schulen arbeiten, an Lehrkräfte, Eltern und Schülerinnen und Schüler.» Sie hoffe, dass «so bald wie möglich wieder möglichst viele in der Schule lernen und lehren können».
“Es hat mich unglaublich gefreut, die Kleinen mal wieder zu sehen”
Laut dem Ministerium konnten Schüler ihr Zeugnis mit Termin in der Schule abholen. Als weitere Möglichkeiten hatte Prien den Schulen Telefon/Videokonferenz genannt, wobei das schriftliche Zeugnis bei Beginn des Präsenzunterrichts übergeben werden soll. Auf Wunsch der Eltern konnten die Schulen eine Kopie des Zeugnisses per E-Mail verschicken. Nur in Ausnahmefällen sollte das Original per Post versandt werden.
Lockdown-Not machte auch in Niedersachsen erfinderisch: An der Oberschule Rodenkirchen in der Gemeinde Stadland in der Wesermarsch bekamen Schüler ihre Leistungsnachweise am Freitag aus dem Fenster des Schulsekretariats gereicht – mit Mund-Nasen-Schutz und Abstand. «Zeitweise war es ein bisschen stressig, aber so haben die Schüler ja ihre Zeugnisse bekommen und das ist doch die Hauptsache», sagte Schulsekretärin Kerstin Schermer. «Es hat mich unglaublich gefreut, die Kleinen mal wieder zu sehen.» Doch viel Zeit zum Plaudern sei bei dem Andrang kaum geblieben. Nach und nach traten Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 10 an das Fenster und gaben Name und Klasse an. «Bei manchen mit besonders vielen Einsen, habe ich natürlich auch noch einmal gelobt», sagte Schermer.
“Es scheint Klassen zu geben, in denen bei der Hälfte aller Schülerinnen und Schüler die Versetzung bedroht ist”
Da der Präsenzunterricht weitgehend ausfällt, müssen Schulen sich insbesondere für die mittleren Jahrgänge kreative Zeugnis-Übergaben einfallen lassen. Laut niedersächsischem Kultusministerium gibt es dafür keine Vorgaben – jede Schule regelt dies eigenverantwortlich. Neben der Fenster-Ausgabe sei auch eine Übergabe in durchlüfteten Klassenräumen und eine Zustellung per Post oder E-Mail möglich. Bis kommenden Freitag (5.2.) sollen alle Zeugnisse verteilt sein.
Der schleswig-holsteinische SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat verwies auf Schüler, die zu Hause traurig auf den Hinweis einer gefährdeten Versetzung blickten. «Es scheint Klassen zu geben, in denen die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler betroffen ist.» Damit werde neben den Schwierigkeiten der Pandemie «zusätzlicher Druck auf junge Menschen aufgebaut». Es bestehe die Gefahr, dass Schüler dauerhaft abgehängt werden. «Deshalb brauchen wir ein umfassendes Maßnahmenpaket, das die Gefahr der sozialen Spaltung im Schulbereich minimiert.» News4teachers / mit Material der dpa