FREIBURG. Der Corona-Ausbruch in einer Freiburger Kita, bei dem eine Virusmutation nachgewiesen wurde, hat die baden-württembergische Landesregierung nach eigenem Bekunden überrascht. Die Öffnung von Schulen und Kitas ist dort erstmal vom Tisch. In Bremen wurde bei einer Kita-Beschäftigten die Mutante B.1.1.7 nachgewiesen – und der Senat reagiert. Das kleinste Bundesland schränkt den Kita-Betrieb, der dort bislang weitgehend normal lief, jetzt doch ein.
Nach einem Corona-Ausbruch in einer Freiburger Kita ist die baden-württembergische Landesregierung bemüht, weitere Übertragungen der womöglich mutierten Virus-Variante zu verhindern. Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) bot am Mittwochabend der Kultusministerin an, für die Notbetreuung in Kitas und Grundschulen kurzfristig Schnelltests aus der Notreserve des Landes zur Verfügung zu stellen. So könne das Personal mehrmals die Woche getestet werden. «Die Kultusministerin ist angesichts der besorgniserregenden Mutationen jetzt wirklich aufgerufen, die Gruppen in der Notbetreuung klein zu halten und kurzfristig die notwendigen Voraussetzungen in den Kindertagesstätten und Schulen zu schaffen, um die Tests durchführen zu können.»
Mehr Planbarkeit im Kita- und Schulbetrieb? Eisenmann: Sie könne nicht sagen, was ab Montag passiere
Kultusministerin Susanne Eisenmann zeigte sich von den Fällen einer neuen Virusmutation in einer Freiburger Kita «völlig überrascht». Der Fall «hat uns vor eine völlig neue Situation gestellt», sagte die CDU-Politikerin am Mittwochabend in Stuttgart bei einer Online-Veranstaltung der Landes-CDU mit dem Titel «Eisenmann will’s wissen». Auf die Bitte einer Zuschauerin nach mehr Planbarkeit und Vorlauf für Schulöffnungen sagte Eisenmann, die Pandemie lasse wenig Spielraum für Vorausplanungen. Sie könne nicht sagen, was ab Montag passiere. Man sehe immer nur im Wochen- oder Zehn-Tage-Rhythmus, ob es Erfolg habe, sagte die Ministerin mit Blick auf die derzeitigen Lockdown-Maßnahmen. Mit Blick auf die Fälle von Corona-Mutationen im Land betonte die Ministerin, Baden-Württemberg stehe nun vor einer neuen Herausforderung.
Ursprünglich wollten Eisenmann und Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Mittwochnachmittag die Entscheidung zur schrittweisen Öffnung von Kitas und Grundschulen ab dem kommenden Montag verkünden. Die Öffnung liegt nun erstmal auf Eis.
Das Gesundheitsamt hatte das Hygienekonzept der Kita «als ordnungsgemäß und gut gewürdigt»
14 Erzieher und Erzieherinnen sowie 10 Kinder der Freiburger Kita Immergrün haben sich womöglich mit einer mutierten Variante des Coronavirus infiziert. Zwei der Kinder seien schon positiv darauf getestet worden, sagte ein Sprecher der Diakonie Baden, Träger der Einrichtung. Und: «Die Krankheitsverläufe waren allesamt moderat.» Der Corona-Ausbruch geht nach Erkenntnissen der Diakonie auf einen Erzieher zurück, der zunächst keine Symptome hatte. «Als er unter Geschmacksverlust litt und sich sofort testen ließ, hatte er das Virus schon weitergegeben», teilte ein Sprecher am Mittwochabend in Karlsruhe mit. In der Kita seien die sechs Gruppen getrennt. Alles spreche dafür, dass über Kontakte im Privaten dann das Virus auch auf Mitglieder anderer Gruppen übertragen worden sei, sagte der Sprecher. Vier der Gruppen seien seit zehn Tagen in Quarantäne. Das Gesundheitsamt habe das Hygienekonzept der Kita «als ordnungsgemäß und gut gewürdigt». Die Behörden hätten der Einrichtung erlaubt, ab Montag wieder für die ihr anvertrauten Kinder die Notbetreuung zu übernehmen, hieß es.
Freiburgs Bürgermeister Martin Horn (parteilos) teilte zum Ausbruch in der Kita mit, es mache ihn sehr betroffen, dass die neue Variante in Freiburg angekommen sei und insbesondere, dass Kinder betroffen seien. «Wir werden die Situation mit großer Aufmerksamkeit und Sorge verfolgen und sämtliche notwendigen Maßnahmen einleiten», so Horn am Abend. Die Stadt sei in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt sowie
dem betroffenen Träger. Nach weiteren Testergebnissen tage umgehend der Krisenstab und werde das weitere Vorgehen besprechen.
Der Vorsitzende des Gesamtelternbeirats der Freiburger Kindergärten und -tagesstätten, Simeon Stephan, forderte dringend Aufklärung über die Situation in der Stadt. «Wir müssen Licht ins Dunkel bringen», sagte er. Zu klären sei zum Beispiel, wie stark Freiburg auch von mutierten Corona-Varianten betroffen sei, um welche es sich genau handele, ob das zu höheren Ansteckungsraten führe, wie schnell auch Kinder angesteckt würden und wie die Krankheitsverläufe in diesen Fällen sich von anderen unterscheiden. «Es gibt in der Elternschaft schon Sorgen wegen der Mutationen.»
In Bremen wurden drei Kitas geschlossen, weil bei einer Erzieherin B.1.1.7 nachgewiesen worden war
Die Sorgen gibt es auch in anderen Bundesländern. Das erste – Bremen – hat bereits reagiert und seinen Kita-Betrieb eingeschränkt. Die Kitas werden vom kommenden Montag an komplett in die Notbetreuung wechseln, so berichtet der „Weser Kurier“. Das habe der Senat am Mittwoch beschlossen. Je Gruppe dürften maximal zehn Kinder gleichzeitig betreut werden. Dies komme einer Teilschließung gleich, da in den Elementargruppen der Drei- bis Sechsjährigen damit die Hälfte der Betreuungskapazität wegfalle. Hintergrund der Bremer Entscheidung: Bei einer Beschäftigten in einer Bremer Kindertagesstätte ist dem Bericht zufolge die Mutation B.1.1.7 nachgewiesen worden; zwei weitere Kontaktpersonen, die ebenfalls in Kitas anderer Träger arbeiten, wurden positiv auf Corona getestet. Die Ergebnisse, ob sie mit der Mutante infiziert sind, liegen noch nicht vor. Alle drei Kitas wurden vom Gesundheitsamt geschlossen.
Auch in Niedersachsen ist ein erster Fall bekanntgeworden, bei dem es Bezüge zu Kitas gibt. Eine Frau aus der Region Hannover wurde innerhalb weniger Wochen zweimal positiv auf Corona getestet. Die Betroffene habe sich mit dem mutierten Virus «B1.1.7» angesteckt. Die Bestätigung liege nun vor, teilte die Regionsverwaltung am Montag mit. Bei der Frau bestehen über mehrere Schritte Verbindungen zu mehreren Kitas und einer Grundschule in Hannover, wie das Gesundheitsamt mitgeteilt hatte. Es ordnete für mindestens 120 Kontaktpersonen Quarantäne an. Bei der Patientin sei kein Kontakt nach England bekannt. Die Frage, bei wem sich die Frau angesteckt habe, bleibe offen. Nach Einschätzung des Gesundheitsamts ist die Infektionskette inzwischen nahezu gestoppt. «Das Ergebnis der Nachtests stimmt uns zuversichtlich», sagt Marlene Graf, stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Öffentliches Gesundheitswesen. News4teachers / mit Material der dpa
