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Das unterschätzte Leid: Zwei Drittel der Schüler klagen regelmäßig über Kopfschmerzen

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BERLIN/DRESDEN. Die meisten Kinder und Jugendlichen leiden mehr als zwei Tage im Monat unter Kopfschmerzen. Oft würden diese allerdings bagatellisiert, klagen Ärzte in einem aktuellen Statement. Es drohe ein Teufelskreis.

Viele Schülerinnen und Schüler leiden unter Kopfschmerzen. Illustration: Shutterstock

Mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler haben Studien zufolge regelmäßig Kopfschmerzen. Rund 20 Prozent verpassen dadurch wiederholt den Unterricht. Leistungsdruck, emotionaler Stress, zu viel Zeit am Bildschirm und zu wenig Bewegung – die Ursachen sind vielfältig – der monatelange Lockdown hat diese Faktoren noch einmal deutlich verstärkt.

Dennoch würden Kopfschmerzen bei Kindern häufig nicht ernst genommen, klagt aktuell die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V.. Obwohl häufig einfache therapeutische Maßnahmen die Schmerzen lindern könnten, kämen viele Kinder mit Kopfschmerzen nicht zur Ärztin oder zum Arzt.

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„Kopfschmerzen können den Alltag und die Zukunft junger Menschen stark beeinträchtigen“

„Eltern sollten Kopfschmerzen nicht bagatellisieren. Kopfschmerzen können den Alltag und die Zukunft junger Menschen stark beeinträchtigen“, mahnt Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Universitätsschmerzzentrum der Uniklinik Dresden. Wenn Kinder und Jugendliche regelmäßig an Kopfschmerzen leiden, könnten sie schnell in einen Teufelskreis aus Leistungsabfall, Schulangst und sozialer Isolation geraten.

In einer Querschnittsstudie in Dresden mit über 2700 befragten Schülerinnen und Schülern, gaben mehr als zwei Drittel aller Befragten an, regelmäßig an Kopfschmerzen zu leiden. Mehr als ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen mit mehr als zwei Kopfschmerztagen im Monat fehlten dadurch regelmäßig in der Schule. „Eine ärztliche Diagnose und Therapie der Kopfschmerzen erhalten nur die Wenigsten“, stellt Gudrun Großrau fest. „Dabei sind Migräne und Spannungskopfschmerz die häufigsten eigenständigen Schmerzdiagnosen bei Kindern und Jugendlichen.“

Alarmierend sei, dass Kopfschmerzen stattdessen häufig in Eigenregie mit frei verkäuflichen Medikamenten bekämpft würden. „Schmerzmittel sollten Kinder aber nur einnehmen, wenn sie vom Arzt oder der Ärztin in geeigneter Dosierung verordnet wurden“, so Goßrau weiter. Denn bei häufiger Einnahme könnten Medikamente die Kopfschmerzen auch verstärken. Manche seien für Kinder gar nicht geeignet.

„Es besteht deshalb akuter Handlungsbedarf, wenn Kinder regelmäßig an Kopfschmerzen leiden“

Daten einer aktuellen Münchner Studie deuteten darauf hin, dass Migräne in der sensiblen Übergangsphase zwischen Jugend- und Erwachsenenalter im Zusammenhang stehe, mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung weiterer Schmerzen im Erwachsenenalter. „Es besteht deshalb akuter Handlungsbedarf, wenn Kinder regelmäßig an Kopfschmerzen leiden“, sagt Goßrau. Häufig könnten schon einfache, aber gezielte Maßnahmen zu einer Linderung führen. Dazu zählen zum Beispiel die Umstellung des Tagesrhythmus, mehr Entspannungszeiten (ohne Handy), ausreichendes Trinken und regelmäßiges Schlafen. „Auch regelmäßiger Sport und weniger Termindruck reduzieren Kopfschmerzen erheblich“, so die Expertin.

Haben Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen erst einmal Einschränkungen des Alltages zur Folge, bedürfe es interdisziplinärer Konzepte. Beim Dresdner Kinderkopfschmerzprogramm (DreKiP) etwa handele es sich um ein Gruppentherapieprogramm, das aus acht unterschiedlichen Modulen besteht. Dennoch: „In Deutschland besteht nach wie vor ein Versorgungsbedarf, der mit den vorhanden Therapiestrukturen nicht abgedeckt wird“, so Goßrau.

Um diese Versorgungslücke zu schließen, seien gesellschaftliche Anstrengungen erforderlich. Diese beginnen bei der Sensibilisierung von Eltern und Lehrenden, Berücksichtigung von Kopfschmerzen als Krankheitssymptom sowie entsprechender Ausbildung der Akteure im Gesundheitssystem. Darüber hinaus müssten dringend spezifische wie auch interdisziplinäre Therapiemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Kopfschmerzen geschaffen werden. (zab, pm)

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