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Studie: Die Corona-Pandemie belastet besonders Schulleiterinnen und Schulleiter

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FULDA. Die Corona-Pandemie bedeutet für Schulleiterinnen und Schulleiter Stress und Mehrarbeit. Nicht alle gehen dabei mit ihrer Gesundheit pfleglich um, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Die Work-Life-Balance ist bei Schulleitungen ins Ungleichgewicht geraten. Foto: Shutterstock.

Die Organisation der Umsetzung von angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie stellt gerade an Schulleitungen besondere Anforderungen. Mehrarbeit und gestiegene Verantwortung in einem nur schwer überschaubaren Umfeld bringt für Schulleiterinnen und Schulleiter besonderen Stress mit sich. Kevin Dadaczynski, Orkan Okan und Melanie Messer von der Hochschule Fulda, der Universität Bielefeld und der Universität Trier haben nun untersucht, wie es um die arbeitsbedingten Stressbelastungen, die gesundheitliche Beanspruchung und um gesundheitsriskante Strategien der Arbeitsbewältigung der schulischen Führungskräfte steht. Dringenden Handlungsbedarf sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor allem für weibliche Schulleitungen und Grundschulleitungen.

Insgesamt befragten Dadaczynski, Okan und Messer 2.187 Schulleitungen und Schulleitungsmitglieder aus vier Bundesländern (Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) in Form eines Online-Surveys in der Zeit vom 9. März bis 13. April 2021.

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Arbeitsstress: Nervosität und Kontrollverlust
Die Studie zeigt: Ein hoher Anteil der schulischen Führungskräfte leidet unter coronabedingtem Arbeitsstress. 73 Prozent der Befragten gaben an, ziemlich oder sehr oft in den vergangenen Monaten aufgewühlt gewesen zu sein, weil aufgrund der Pandemie etwas Unerwartetes im Schulbetrieb passiert ist. 70 Prozent berichteten, sich ziemlich oder sehr oft über Dinge geärgert zu haben, über die sie infolge der Corona-Pandemie keine Kontrolle hatten. Ein Drittel gab an, sich in den Monaten vor der Befragung im Arbeitskontext ziemlich oder sehr oft nervös oder gestresst gefühlt zu haben.

Gesundheitsriskante Formen der Arbeitsbewältigung
Die Work-Life-Balance ist bei vielen Schulleiterinnen und Schulleitern offenbar einigermaßen ins Ungleichgewicht geraten. „Die Mehrheit der Schulleitungen greift zu gesundheitsriskanten Formen der Arbeitsbewältigung: Sie arbeiten länger und in der Freizeit, verzichten auf Pausen, erhöhen das Arbeitstempo“, berichtet Studienerstautor Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda. Drei Viertel der Befragten, vor allem die Grundschulleitungen, gaben an, dass ihre Arbeitszeit seit der Corona-Pandemie gestiegen sei. Gar 90 Prozent meldeten zurück, innerhalb der vorausgegangenen drei Monate oft oder sehr oft in der Freizeit für Kollegium, Schülerinnen und Schüler oder Eltern erreichbar gewesen zu sein. Fast 70 Prozent berichteten zudem, in einem für sie belastendem Arbeitstempo zu arbeiten, das sich nicht dauerhaft durchhalten ließe.

Geringe Zufriedenheit und Erschöpfung
Mehr als 40 Prozent der Befragten wiesen bezüglich ihrer aktuellen Arbeitssituation eine geringe Zufriedenheit auf. Der Anteil jener, die ein höheres Ausmaß an physischer und psychischer Erschöpfung berichteten, lag zwischen 30 und 45 Prozent. Muskelbeschwerden (47 Prozent) und Kopfschmerzen (20 Prozent) waren die häufigsten psychosomatischen Beschwerden.

Mehr Belastung, mehr Beanspruchung
Dass die Belastungserfahrung der Schulführungskräfte eher von der „allgemeinen“ Pandemiesituation herrühre, verneint Kevin Dadaczynski, „Wir können einen Zusammenhang zwischen Belastungssituation und Arbeitsbeanspruchung feststellen“, so der Fuldaer Wissenschaftler. „Schulleitungen, die über häufigen Arbeitsstress berichten, weisen ein höheres Maß an physischer und psychischer Erschöpfung auf. Und es sind vor allem weibliche Schulleitungen und Führungskräfte in Grundschulen, die sowohl von höheren Stressbelastungen als auch einem höheren Maß an selbstgefährdender Arbeitsbewältigung und Erschöpfung berichten.“

Leistungsfähigkeit und Gesundheit hängen zusammen
Orkan Okan von der Universität Bielefeld sieht die Entwicklung mit Sorge: „Wir wissen insbesondere aus der Bildungsforschung, wie enorm wichtig Schulleitungen für ein funktionierendes Bildungssystem sind und dass hinter einer guten Schule eine erfolgreiche Schulleitung steht“. „Umso wichtiger ist es, die Gesundheit von Schulleitungen viel stärker in den Fokus von Forschung, Praxis und Politik zu rücken. Denn mittlerweile ist hinlänglich nachgewiesen, dass Leistungsfähigkeit, Bildungsqualität und Gesundheit zusammenhängen.“

Dringender Handlungsbedarf
Die drei Forscher sehen vor dem Hintergrund der Studienergebnisse einen dringenden bildungs- und gesundheitspolitischen Handlungsbedarf, um Gesundheit und Wohlbefinden von Schulleitungen in Deutschland zu verbessern. Das sei wichtig, um eine hohe Bildungs- und Schulqualität zu gewährleisten. „Dazu gehört auch, die bestehenden Modellprojekte zur Einbindung von Schulgesundheitsfachkräften wie School Nurses auszubauen und zu verstetigen“, so Melanie Messer von der Universität Trier. „Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sie die Gesundheitsversorgung, -förderung und Prävention bei Kindern und Jugendlichen erfolgreich fördern und das Schulpersonal zu gesundheitsrelevanten Themen und auch zu Fragen des Infektionsschutzes unterstützen können.“

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