Website-Icon News4teachers

„Warum tue ich mir das eigentlich an?“ Weshalb es wichtig ist, dass sich Lehrkräfte der eigenen Motivation bewusst sind

BOCHUM. Dass Lehrerinnen und Lehrer sich hin und wieder vor Augen führen, was sie im Beruf bewirken wollen, fördert die Motivation von Schülerinnen und Schülern. Und die eigene.

Welche Aufgabe kann sinnvoller sein, als Kindern zu helfen, ins Leben zu finden? Foto: Shutterstock

Der Glaube daran, dass die eigenen Fähigkeiten veränderbar sind und Anstrengung sich lohnt, ist besonders für lernschwächere Kinder ein wichtiger Motivationsfaktor. Dieses Bewusstsein ist allerdings alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Viele Schülerinnen und Schüler glauben daran, dass Talente angeboren sind, und lassen sich dann schnell etwa durch Fehler entmutigen. In der pädagogischen Literatur gibt es dementsprechend eine Vielzahl von Interventionen, um diese sogenannte fixe Denkweise bei Schülerinnen und Schülern zu reduzieren und ein sogenanntes Growth Mindset („Wachstumsmentalität“) zu fördern, vulgo die Überzeugung zu stärken, dass Fähigkeiten formbar sind.

Doch auch bei Lehrerinnen und Lehrern schleicht sich im Berufsalltag vielfach die Überzeugung ein, dass die Fähigkeiten ihrer Schülerinnen und Schüler festgelegt seien. Wie verschiedene Studien gezeigt haben, leidet darunter allerdings deren Wohlbefinden und Leistung. Je weniger Lehrkräfte dagegen glauben, dass für Lernerfolge eine angeborene Begabung notwendig ist, desto motivierter und erfolgreicher sind ihre Schützlinge.

Anzeige

„Wichtig ist dabei, ob die Lehrkraft überzeugt ist, dass alle Kinder sich entwickeln und lernen können“

Auch wenn der Alltag oft für eine fixe Denkweise zu sprechen scheint, werden wohl nur die wenigsten Kolleginnen und Kollegen mit dieser Überzeugung in den Beruf gegangen sein. Tatsächlich konnte nun ein internationales Forschungsteam um die Bochumer Psychologin Anke Heyder zeigen, dass die Besinnung auf die eigene Motivation dazu beitragen kann, eine Haltung des Wachstumsdenkens bei Lehrerinnen und Lehrern zu stärken: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler baten Lehramtsstudentinnen und -studenten zu reflektieren und kurz aufzuschreiben, welche Mission sie mit dem Lehrerberuf verbinden, und wie sie persönlich das Leben der Kinder in ihren Klassen positiv beeinflussen wollen. Noch eine Woche später waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer überzeugter davon, dass alle Kinder unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen lernen und schulisch erfolgreich sein können.

Spaß und Erfolg in der Schule hängen stark von der jeweiligen Lehrkraft ab. Ihre grundlegenden Überzeugungen können sich auf die Lernenden übertragen. „Wichtig ist dabei, ob die Lehrkraft überzeugt ist, dass alle Kinder sich entwickeln und lernen können“, erklärt Anke Heyder. Die Überzeugung, dass für den Lernerfolg ein Talent oder eine Begabung erforderlich seien, ohne die es eben nicht klappen kann, ist eher hinderlich.“

„Unsere Intervention ist neu, und sie ist bestechend kurz und subtil“, erläutert die Psychologin. „Kern ist eine kurze Besinnung auf die eigene Mission: Warum bin ich Lehrerin oder Lehrer? Was will ich durch meine Tätigkeit bei meinen Schülerinnen und Schülern bewirken?“

Um die Intervention zu testen, gewannen die Forscherinnen und Forscher insgesamt 576 angehende Lehrerinnen und Lehrer für ihre Studie. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden in Gruppen eingeteilt. In der Interventionsgruppe sollten sie kurz über ihre Mission nachdenken und diese aufschreiben und nahmen dann an einer Befragung zu ihrer Haltung teil. In den Kontrollgruppen reflektierten sie nicht ihre Mission, sondern eine andere Frage und füllten dann den Fragebogen aus oder umgekehrt.

„Ich kann Lehrkräften, aber auch Lehrenden an Universitäten und Führungskräften in der Wirtschaft nur dazu raten, sich hin und wieder auf die eigene Mission zu besinnen“

„Wir konnten zeigen, dass die Haltung derjenigen, die sich mit ihrer Mission beschäftigt hatten, deutlich mehr in Richtung Growth Mindset tendierte als die der anderen Teilnehmenden“, berichtet Anke Heyder. Dieses Ergebnis war unabhängig vom Unterrichtsfach der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter. Eine Befragung eine Woche später zeigte dasselbe Ergebnis. „Das zeigt uns, dass der Effekt anhält – wenigstens eine Zeit lang“, so Heyder.

Ob die Wirkung von Dauer ist, müssten weitere Arbeiten zeigen. „Ich kann Lehrkräften, aber auch Lehrenden an Universitäten und Führungskräften in der Wirtschaft nur dazu raten, sich hin und wieder auf die eigene Mission zu besinnen“, sagt die Forscherin. „Davon profitieren nicht nur die Menschen, für die man verantwortlich ist, sondern es gibt auch Hinweise darauf, dass es die eigene Motivation und Berufszufriedenheit stärkt.“ (zab, pm)

Stress im Schuldienst – Wie sich Lehrkräfte gegenseitig stützen können: Kollegiale Fallberatung

Die mobile Version verlassen