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Gaming gegen Depressionen? Wissenschaftler sprechen von vielversprechendem Ansatz

BONN. Videospiele haben grundsätzlich einen eher schlechten Ruf – allerdings zu Unrecht, wie Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Bonn nun aufzeigen. Ihren Untersuchungen zufolge können Videospiele bei der Behandlung von Depressionen helfen. Wie die Tagesschau berichtet, sei vor allem das gemeinsame Spielen für das soziale Wohlbefinden junger Menschen sehr wichtig.

Im Zuge einer Studie spielten Patient:innen mit einer schweren depressiven Störung ergänzend zur klinischen Behandlung  sechs Wochen lang ein Videospiel. Symbolbild: Shutterstock/leonori

Videospiele bieten nicht nur Ablenkung vom Alltagsstress, sie können Spieler:innen auch in einen stark konzentrierten Zustand versetzen, in den sogenannten „Flow“, erklärt Neuropsychologe Moritz Bergmann gegenüber der Tagesschau. „Im Flow-Zustand sind Menschen oft besonders produktiv und kreativ. Dabei werden negative Gedankenspiralen durchbrochen und das Finden innovativer Lösungen wird angeregt.“

Bergmann ist Doktorand am Universitätsklinikum Bonn und Mitarbeiter der Forschungsgruppe „Neuropsychologie und Intervention“. Mit seinen Forschungskolleginnen ging er der Frage nach, ob sich Videospiele gezielt einsetzen lassen, um die psychische Gesundheit zu fördern. Dafür kombinierten sie die standardmäßige stationäre Behandlung von Patient:innen mit einer schweren depressiven Störung mit einer Videospieltherapie. Im Mittelpunkt dabei: das Videospiel „Super Mario Odyssey“.

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Weitere Forschung notwendig

Sechs Wochen lang spielte eine Gruppe der Studienteilnehmer:innen „Super Mario Odyssey“ zusätzlich zur normalen klinischen Behandlung. „Dieser Ansatz erwies sich als vielversprechend bei der Verbesserung depressiver Symptome und der visuell-räumlichen Gedächtnisleistung der Patienten“, sagt Bergmann im Interview mit dem englischsprachigen Online-Magazin „The Medicine Maker“. Der Anteil an Studienteilnehmer:innen mit depressiven Symptomen in der Videospielgruppe sank in dem Zeitraum demnach um fast die Hälfte: von 100 Prozent auf 57 Prozent.

Der positive Effekt der ergänzenden Videospieltherapie decke sich laut Bergmann mit früheren Untersuchungen, die auf den potenziellen Nutzen von Videospieltherapien bei Depressionen hinweisen. Ihm ist es allerdings wichtig zu betonen, dass Videospielen allein kein Heilmittel für eine schwere depressive Störung ist. Zudem seien weitere Untersuchungen unerlässlich, um die Ergebnisse zu validieren. Die Aussagekraft der eigenen Studie sei durch die kleine Stichprobe mit 46 Teilnehmer:innen und das offene Design, bei der die Patient:innen und Wissenschaftler:innen jeweils wussten, wer zu welcher Untersuchungsgruppe gehörte, eingeschränkt. „Dennoch“, so Bergmann, „sind die ersten Ergebnisse ermutigend und weisen auf neue Wege in der Therapie hin.“

Computerspiele in der Psychotherapie

Vereinzelt gibt es auch bereits Spiele, die spezifisch für den psychotherapeutischen Einsatz entwickelt worden sind, zitiert die Tagesschau Psychologe Benjamin Strobel. Dazu zählen etwa die verhaltenstherapeutischen Computerspiele „Schatzsuche“ und „Ricky und die Spinne“ der Universität Zürich. Sie sollen Psychotherapeuten in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen unterstützen. In Neuseeland stehe depressiven Jugendlichen das Rollenspiel SPARX online kostenfrei zur Verfügung. Dieses habe, so Strobel, in Studien ähnliche Erfolge wie eine konventionelle Psychotherapie für die Behandlung einer Depression aufweisen können.

Neben ihrem Nutzen in der Psychotherapie bieten Videospiele laut Tagesschau auch im Alltag einen Mehrwert; gemeinsam Videospiele zu spielen, sei besonders für das soziale Wohlbefinden junger Menschen wichtig, sagt Professorin Silke Lux, Leiterin der Forschungsgruppe „Neuropsychologie und Intervention“ am Universitätsklinikum Bonn. Das Spielen fördere Interaktionen in der realen Welt, indem es ein gemeinsames Interesse bietet. Allerdings, so schränkt Lux ein, die Effekte des Gamings hängen stark „von den individuellen Umständen und dem Kontext des Spielens ab“ – negative Folgen nicht ausgeschlossen. News4teachers

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