Website-Icon News4teachers

Handy-Verbot: Wenn Schüler schon aufgewühlt zur ersten Unterrichtsstunde erscheinen

FULDA. Ablenkung, Störungen und manchmal auch Konflikte: Die Handy-Nutzung sorgt immer wieder für Probleme an Schulen. Deshalb planen mehrere Bundesländer umfassende Verbotsregelungen. Schon jetzt dürfen Smartphones im Schulalltag vielerorts nicht genutzt werden. Erfahrungen aus Hessen. 

Das Handy-Verbot wirkt – mitunter aber anders als intendiert: Schüler verlegen ihre Kommunikation auf die Zeit vor Unterrichtsbeginn. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Private Handys sind im hessischen Schulalltag vom kommenden Schuljahr an tabu. Im Landtag wurde in dieser Woche ein entsprechendes Gesetz mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und SPD beschlossen. Im Land gibt es allerdings bereits reichlich Schulen, an denen bereits ein Handyverbot für Schülerinnen und Schüler gilt – und die damit gute Erfahrungen gemacht haben.

«Wir sind ein Ort des Lernens und nicht des Zockens», betont Klaus Niesel, Leiter der Adolf-von-Dalberg-Schule (AvDS) in Fulda. An der Grundschule sind Handys und Smartwatches für die Kinder im Alter zwischen sechs und elf Jahren schon seit Jahren verboten. «Wir sind ein Schutzraum für Kindheit. In der Grundschule brauchen Kinder keine Handys und keine Smartwatches.»

Anzeige

Eltern werden mit an Bord geholt

Der direkte persönliche Kontakt zwischen den Schülern etwa in der Pause und dem Schulhof lasse sich durch «digitale Endgeräte nicht ersetzen», sagt Niesel. Das wichtige Thema Digitalisierung werde im Unterricht mit dem Einsatz von Tablet-Computern und beispielsweise in einer Computer-AG behandelt.

Die Schule habe einen Auftrag in der Medienerziehung, erklärt der Schulleiter. Deshalb versuche die AvDS, die Eltern mit an Bord zu holen, etwa mit Informationen an Elternabenden über den verantwortungsvollen Umgang mit Handy und Co. und mit Hinweisen auf die Risiken eines übermäßigen Gebrauchs.

«Die allermeisten Eltern sind mit dem Verbot einverstanden»

In der Fuldaer Grundschule ist es den Kindern verboten, ein Handy oder eine Smartwatch zu zeigen oder zu nutzen. Verstöße gegen die Schulregel gebe es nur ganz selten, berichtet Niesel. Sollte das dennoch vorkommen, wird das Handy von einer Lehrkraft eingezogen und landet schließlich auf dem Schreibtisch des Rektors. Die Eltern werden verständigt und können das Gerät nach Unterrichtsschluss abholen.

«Die allermeisten Eltern sind mit dem Verbot sehr einverstanden, weil diese Medien eine absolute Ablenkung sind», erklärt der Schulleiter. In ganz wenigen und begründeten Fällen werden Ausnahmen erlaubt, beispielsweise wenn Schüler einen längeren Schulweg haben und nach der Schulbetreuung noch zum Vereinstraining wollen. Das Kind solle die Sondererlaubnis aber nicht an die große Glocke hängen.

Landesschülervertretung gegen generelles Handyverbot an Schulen

Die Landesschülervertretung Hessen begrüßt allgemein die Aufnahme der «Vermittlung digitaler Kompetenzen» in den Erziehungsauftrag der Schulen, lehnt aber ein generelles Handyverbot ab. Diese sorge nur dafür, dass Schülerinnen und Schüler «nicht auf ein Leben in der digitalen Welt vorbereitet werden».

Landesschulsprecher Laurenz Spies erklärt: «Was wir wirklich benötigen, ist flächendeckende Medienbildung. Nur so werden junge Menschen sicher und verantwortungsvoll auf die digitale Welt vorbereitet. Medienkompetenz entsteht nicht durch Verbote, sondern durch Bildung.» Wer Handys aus der Schule verbanne, verlagere die Probleme ins Private und lasse Schüler damit alleine.

An allen Hanauer Grundschulen gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung Regelungen, die auf ein Verbot von Handys abzielen. Diese wichen jedoch im Detail leicht voneinander ab. Eine einheitliche gesetzliche Regelung, die dies unterstütze und für Schulen, Schüler sowie die Eltern Klarheit schaffe, werde ausdrücklich befürwortet.

Schüler oft durch Nachrichten und Fotos aufgewühlt

Auch an der Bertha-von-Suttner-Schule (BvSS) in Nidderau (Main-Kinzig-Kreis), einer Gesamtschule mit derzeit rund 1.100 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen fünf bis zehn, dürfen Smartphones laut Schulordnung zwar mitgebracht, aber im eingezäunten Gelände nicht genutzt werden. Ausnahme ist, wenn die Lehrkräfte dies ausdrücklich erlauben oder dazu auffordern.

Schon außerhalb der Schulzeiten schickten sich die Kinder und Jugendlichen oft eine Vielzahl von Nachrichten in WhatsApp-Gruppen oder E-Mails, durch die sie morgens teils aufgewühlt in die Schule kämen. Hier die Wogen zu glätten, könne bereits viel Zeit der Lehrkräfte binden, sagt BvSS-Schulleiter Harald Klose. Weitere Störungen oder Vorfälle durch das Versenden von Nachrichten oder Smartphone-Bilder im Schulalltag wolle man möglichst vermeiden.

Bei Verstößen wird Handy bis Schulschluss eingezogen

In aller Regel halten sich die Schüler nach den Worten von Klose an die Vorgaben, doch gebe es auch Tage, an denen vier bis fünf Handys eingezogen werden müssten. In solchen Fällen werden die Geräte ausgeschaltet im Sekretariat verwahrt, nach Unterrichtsschluss dürfen die Kinder und Jugendlichen sie dort abholen. Bei wiederholten Verstößen würden auch die Eltern informiert. Dann kann es auch zu einer Klassenkonferenz und pädagogischen Maßnahmen wie bestimmten Schuldiensten kommen.

Bereits in der Vergangenheit habe die Schule aktiv Medienbildung betrieben, hinzu kämen etwa Vorträge einer Jugendkoordinatorin der Polizei bei Elternabenden. Außerdem gebe es neue Profilklassen «MINT und Medien», in denen die Themen vertieft werden könnten. Auch wenn die BvSS schon recht weit bei dem Thema ist, begrüßt Klose die hessenweite Regelung, denn dies erleichtere die Argumentation auch gegenüber den Eltern. Persönlich würde Klose, der selbst Vater ist, eine Freigabe sozialer Medien erst ab 16 Jahren befürworten. Nicht zuletzt der Vortrag der Jugendkoordinatorin der Polizei habe auch die Risiken verdeutlicht. «Die Eltern sollten darauf achten, welche Apps sie ermöglichen», sagte Klose. Von Michael Bauer, Christine Schultze und Jens Albes (dpa)

Kritik an Handy-Verbots-Plänen: Medienpädagogen sehen Zukunftskompetenzen gefährdet

Die mobile Version verlassen