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Trotz Kinderwunsch: Deutschlands Geburtenrate sinkt auf historischen Tiefstand

WIESBADEN. Die Geburtenrate in Deutschland ist weiter gesunken – und das, obwohl sich die Menschen nach wie vor Kinder wünschen. Neue Daten zeigen eine wachsende Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Wissenschaftler warnen eindringlich vor den langfristigen Folgen.

Aufgeschoben!? Illustration: Shutterstock

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat eine neue Studie veröffentlicht, die eine alarmierende Entwicklung verdeutlicht: Zwar wünschen sich Frauen in Deutschland im Schnitt 1,76 Kinder und Männer 1,74 – also fast genauso viele wie schon vor drei Jahren. Doch die tatsächliche Geburtenrate ist deutlich niedriger. Von 2021 bis 2024 ist sie von durchschnittlich 1,58 auf nur noch 1,35 Kinder pro Frau gesunken. Das zeigen die aktuellen Erhebungen des BiB gemeinsam mit Daten des Statistischen Bundesamts.

Wunsch nach Familie bleibt – aber Kinder kommen später oder gar nicht

Der Abstand zwischen gewünschter und realisierter Kinderzahl – die sogenannte „Fertility Gap“ – wächst. Besonders drastisch ist der Rückgang bei denjenigen, die konkret planen, in den nächsten Jahren ein Kind zu bekommen: Bei den 30- bis 39-jährigen Frauen sank der Anteil von 28 auf 24 Prozent, bei den Männern von 28 auf 25 Prozent.

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Carmen Friedrich vom BiB stellt jedoch klar: Kinder zu bekommen bleibt ein zentrales Lebensziel für die meisten jungen Menschen. Das Problem sei kein sinkendes Interesse an Familie, sondern ein systematisches Aufschieben. Die Gründe? Internationale Krisen wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und der Klimawandel, kombiniert mit ökonomischer Unsicherheit und mangelnder Planbarkeit im Alltag.

Mitautor der Studie, Martin Bujard, formuliert es so: Unsicherheit wirkt sich negativ auf die Familienplanung aus. Nur mit stabilen Rahmenbedingungen – bezahlbarem Wohnraum, verlässlicher Kinderbetreuung und politischer Verlässlichkeit – könnten junge Menschen ihre Familienpläne auch umsetzen. Die Zahlen scheinen das zu belegen: Im Jahr 2024 lag das Durchschnittsalter der Mütter beim ersten Kind bei 30,4 Jahren, das der Väter bei 33,3 Jahren – 2015 waren es noch 29,7 und 32,8 Jahre.

Einschätzungen des Statistischen Bundesamts: Rückgang in allen Bundesländern – EU-weiter Trend

Bereits vor rund zwei Wochen hatte das Statistische Bundesamt die aktuelle Geburtenrate von 1,35 Kindern je Frau für das Jahr 2023 bestätigt – und mit Blick auf längerfristige Entwicklungen ebenfalls gewarnt (News4teachers berichtete). Zwar fiel der Rückgang im vergangenen Jahr mit zwei Prozent moderater aus als 2022 (minus acht Prozent) und 2021 (minus sieben Prozent), doch der Trend zeigt klar nach unten. Wir sehen nach wie vor sehr, sehr niedrige Werte in Deutschland und Europa, so Bujard in seiner Funktion als Forschungsdirektor des BiB. Die Konsequenzen würden sich allerdings erst in Jahrzehnten zeigen – durch Fachkräftemangel, sinkende Renten und Wohlstandsverluste.

Die niedrigste Geburtenrate verzeichnete 2023 Berlin mit 1,21, die höchste Niedersachsen mit 1,42 Kindern je Frau. Besonders stark war der Rückgang in Thüringen (minus 7 Prozent), am geringsten in Baden-Württemberg (minus 1 Prozent). Bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit lag die Rate bei 1,23 – ein ähnlich niedriger Wert wie zuletzt 1996. Auch hier habe sich der jährliche Rückgang zuletzt verlangsamt. Bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit lag die Geburtenrate bei 1,84 – doch auch hier setzt sich der seit 2017 beobachtete Rückgang fort.

Auch auf EU-Ebene ergibt sich ein vergleichbares Bild: Die durchschnittliche Geburtenrate in den 27 Mitgliedsstaaten lag 2023 bei 1,38 Kindern je Frau, vor zehn Jahren waren es noch 1,51. Deutschland bewegt sich damit im europäischen Durchschnitt. Die höchsten Werte wurden in Bulgarien (1,81), die niedrigsten in Malta (1,06) und Spanien (1,12) ermittelt.

Bujard zufolge ist es entscheidend, dass eine gesellschaftliche Atmosphäre geschaffen werde, die Mut mache und ein positives Bild von Familie vermittele – nur so könnten Menschen ihre Kinderwünsche auch tatsächlich umsetzen. Neben besseren strukturellen Bedingungen wie bezahlbarem Wohnraum und verlässlicher Betreuung brauche es also auch ein gesellschaftliches Klima, das Familiengründung wieder als etwas Erstrebenswertes erscheinen lasse. News4teachers / mit Material der dpa

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