DÜSSELDORF. Krankheitsfälle von verbeamteten Lehrkräften sorgen in Nordrhein-Westfalen für Diskussionen. Neben dem Fall der Lehrerin, die seit 16 Jahren krankgeschrieben ist (was bundesweit für Schlagzeilen sorgte), rücken neue Berichte ins Blickfeld: einer über einen seit Jahren abwesenden Schulleiter im Kreis Wesel, ein anderer über zwei langzeiterkrankte Lehrerinnen in Bornheim bei Köln. Die Vorfälle werfen Fragen nach der Wirksamkeit der Schulaufsicht auf. Klar ist: Sie belasten Kollegien, die die Ausfälle auffangen müssen – während die erkrankten Beamten weiterhin ihre vollen Bezüge erhalten.
Ein aktueller Bericht der Rheinischen Post sorgt im Kreis Wesel für Irritationen: Ein Schulleiter, der sein Amt in Emmerich bereits 2019 angetreten hatte, ist seit fünf Jahren krankgeschrieben. Vor rund eineinhalb Jahren wurde er zusätzlich an ein Gymnasium in Wesel abgeordnet – angetreten hat er den Dienst dort allerdings nie. Faktisch sind damit gleich zwei Leitungsposten belegt, ohne dass die Person im Dienst ist. Neue Ausschreibungen sind nicht möglich, solange der Status des Beamten nicht abschließend geklärt ist.
Die Bezirksregierung Düsseldorf betont, man habe den Fall von Beginn an aktiv bearbeitet und mehrfach amtsärztliche Untersuchungen veranlasst. Die Abordnung nach Wesel sei mit dem Ziel erfolgt, die Genesung zu unterstützen und durch einen wohnortnäheren Einsatz eine mögliche Wiedereingliederung zu erleichtern. Dass es bislang nicht dazu gekommen ist, macht die Situation für beide Schulen jedoch schwierig. Zwar wurden kommissarische Leitungen eingesetzt und zusätzliche Stellen geschaffen – dennoch bleibt die Frage offen, ob der Schulleiter jemals an eine der Schulen zurückkehren wird.
Erinnerung an den „Fall der 16 Jahre“
Die Irritationen knüpfen an einen bundesweit beachteten Fall aus Wesel an: Eine Lehrerin an einem Berufskolleg war mehr als 15 Jahre ununterbrochen krankgeschrieben – und erhielt dennoch ihr volles Gehalt nach A13. Erst Anfang 2024 fiel dies durch eine neue Bearbeitung der Akte auf, woraufhin eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet wurde. Die Lehrerin klagte dagegen ohne Erfolg. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) zeigte sich im Landtag fassungslos: „Das ist so unkollegial, dieses Verhalten und so gegen jede Loyalität, auch gegenüber dem Staat und der Beamtenpflicht – ich habe da keine Worte für.“
Feller ließ alle Bezirksregierungen ihre Verfahren prüfen – und sprach anschließend von einem gravierenden Einzelfall. Das Ergebnis lautete: Strukturen und Kontrollen seien vorhanden, das Problem habe in Versäumnissen einzelner Mitarbeiter der Düsseldorfer Behörde gelegen.
Die Statistik zeigt, dass Langzeiterkrankungen kein Randphänomen sind. Im vergangenen Jahr fehlten knapp 10.000 Lehrerinnen und Lehrer in NRW länger als 31 Tage – rund jeder 20. Beamte und jeder 30. Angestellte war betroffen. Dies geht aus der Antwort des Schulministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor. Laut Feller machten weibliche Pädagogen in 7671 Fällen den Großteil aus, während Männer sich 2177 Mal länger krank meldeten. Offiziell liegt die Quote damit bei zwei bis drei Prozent der Lehrkräfte. Die Zahlen sagen jedoch nichts darüber aus, wie viele Fälle sich über viele Jahre hinziehen – und damit Schulleitungen und Kollegien dauerhaft belasten.
Recherchen decken neue Fälle auf
Dass es weitere Problemfälle gibt, zeigen aktuelle Recherchen von Fokus und Kölner Stadt-Anzeiger: An einer Gesamtschule in Bornheim bei Köln fehlen gleich zwei Lehrerinnen seit längerer Zeit. Eine Studiendirektorin ist bereits seit fünf Jahren krankgeschrieben, eine Kollegin seit zwei Jahren. Beide stehen weiterhin auf der Gehaltsliste – die eine mit einer A15-Besoldung zwischen 6.289 und 7.846 Euro brutto, die andere mit A14 und bis zu 7.000 Euro. Angestellte Lehrkräfte dagegen bekommen lediglich sechs Wochen lang ihr Gehalt vollständig weitergezahlt, danach springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein, das deutlich niedriger liegt.
Dazu kommt: Kolleginnen und Kollegen müssen den Unterricht kompensieren, weil die Stellen nicht neu besetzt werden können, solange keine Dienstunfähigkeit festgestellt wird. „Wir müssen den Unterricht für die Langzeit-Erkrankten mitmachen“, berichtet ein Oberstudienrat gegenüber dem Fokus. Er spricht von einer Belastung, die ihn nach 35 Jahren Dienstzeit zum vorzeitigen Ruhestand treibt.
Ist die Schulaufsicht noch Herrin der Lage?
Besonders frustrierend sei, dass selbst bei seiner eigenen Pensionierung die zuständige Behörde nicht in der Lage sei, rechtzeitig Unterlagen bereitzustellen. Anfragen würden vertröstet, die Bezirksregierung sei überlastet. Sein Fazit: „Für die Bezirksregierung bin ich nur eine Nummer, die mit störenden Anfragen belästigt.“
Der Landesvorsitzende des VBE, Stefan Behlau, warnt allerdings vor einer Hexenjagd. Die verständlich emotional geführte Debatte dürfe nicht auf Kosten derjenigen gehen, die aufgrund schwerer Erkrankungen dauerhaft oder über längere Zeit ausfielen. Behlau: „Kranke Menschen dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden, sie haben Anspruch auf faire Verfahren, Transparenz und Schutz ihrer Privatsphäre und vor allem auf eine nachhaltige Gesundung.“ Langfristige Krankschreibungen seien Ausnahmefälle. News4teachers
Schulministerin kritisiert dauerkranke Lehrerin: “unkollegial und gegen jede Loyalität”
