DRESDEN. Lehrkräfte arbeiten deutlich länger, als sie müssten – in Unterrichtswochen. Die so anfallenden Überstunden werden jedoch in den Ferienzeiten wieder ausgeglichen. Außer bei Teilzeitkräften. Zu diesen Ergebnissen kommt eine von Sachsens Kultusminister bei der Unternehmensberatung Prognos in Auftrag gegebene Arbeitszeituntersuchung. Der kündigt Konsequenzen an.
Sachsens Lehrer leisten in der Schulzeit durchschnittlich 2,5 Überstunden pro Woche. Das ist das Ergebnis der Arbeitszeituntersuchung, die das Kultusministerium im Schuljahr 2024/2025 durchführen ließ. Die Überstunden in Unterrichtswochen werden demnach in den Ferien ausgeglichen. Im Mittel arbeiten Vollzeitkräfte wie vorgesehen acht Stunden pro Arbeitstag. Das von den Forschern errechnete Durchschnitts-Soll von 33,3 Stunden pro Woche (inklusive Urlaubs- und Feiertagen) wird demnach um 0,6 Prozent oder knapp eine Viertelstunde unterschritten.
Untersuchungen in anderen Bundesländern, zuletzt in Berlin und Hamburg, waren zu anderen Ergebnissen gekommen. Danach liegt die tatsächliche Arbeitszeit von Lehrkräften durchgängig über dem Soll.
Teilzeitkräfte arbeiten deutlich mehr, als sie müssten
Bei Teilzeitkräften ergibt sich allerdings auch in Sachsen ein anderes Bild. In Schulwochen häufen sie fast vier Überstunden an. Mit dem Ausgleich in den Ferien ergeben sich 5,8 Prozent oder knapp anderthalb Stunden Mehrarbeit pro Woche. Schulleitungen liegen mit gut 2,5 Stunden ebenfalls deutlich über dem Soll.
Die Arbeitszeit ist unter den Lehrkräften jedoch nicht gleichmäßig verteilt. «Die Bandbreite ist unglaublich groß», sagte Kristina Stegner von Prognos bei der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse. Etwa die Hälfte der Vollzeitkräfte liegt über der vorgesehenen Arbeitszeit, die andere Hälfte darunter, bei Teilzeitkräften liegen 60 Prozent darüber.
Die individuellen Arbeitszeiten der Lehrkräfte wiesen große Spannweiten auf – im Minimum 15 Stunden Minderarbeit pro Woche, im Maximum bis zu 25 Stunden Mehrarbeit. Bei den Vollzeitarbeitskräften lag damit zwischen dem unteren und dem oberen Viertel der Lehrkräfte ein Unterschied von fast acht Stunden pro Woche.
«Im Verlauf des Schuljahres stieg die Belastung der Lehrkräfte an, mit den Sommerferien fiel sie deutlich ab», so berichtet das Kultusministerium. «Das subjektive Belastungsempfinden der Lehrkräfte wurde vor allem von strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen geprägt. Die höchste subjektive Belastung entstand weniger durch didaktisch-pädagogische Kernaufgaben, sondern vor allem durch organisatorische Anforderungen, Ressourcenmangel, unklare Prozesse oder zusätzlich anfallende Aufgaben.»
Untersuchung mit rund 4.000 (verpflichteten) Teilnehmern
Die Untersuchung führte das Prognos-Institut im Auftrag des Kultusministeriums aus. An der repräsentativen Studie beteiligten sich 3.772 Lehrkräfte und 386 Schulleitungen. Das entspricht einem Anteil von 14 Prozent an allen Lehrkräften und 19 Prozent an allen Schulleitungen in Sachsen. Sie dokumentierten im gesamten Schuljahr 2024/2025 ihre Arbeitszeit. Zu verschiedenen Zeitpunkten befragten die Forscher sie zudem zu ihrem Belastungsempfinden. Die Auswahl erfolgte durch eine Zufallsstichprobe und war für die Ausgewählten verpflichtend.
«Diese Arbeitszeituntersuchung setzt mit ihrer Detailtiefe neue Maßstäbe. Erstmals liegt uns ein umfassendes und vor allem repräsentatives Bild der Arbeitszeit von Lehrkräften und Schulleitungen vor», erklärte Kultusminister Conrad Clemens (CDU): «Ein Expertengremium wird die Ergebnisse in den kommenden Monaten auswerten und Empfehlungen erarbeiten. Eine Schlussfolgerung zeichnet sich schon jetzt ab: Lehrkräfte, die mehr arbeiten wollen, sollen das langfristig nutzen können. Deshalb werden wir freiwillige Arbeitszeitkonten einführen, mit denen Lehrkräfte ihre Unterrichtsverpflichtung für drei Jahre freiwillig erhöhen und nach einem Wartejahr für drei Schuljahre im gleichen Umfang wieder reduzieren können.» News4teachers / mit Material der dpa
Hier lässt sich die vollständige Erhebung herunterladen.