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Haftbefehl im Unterricht? Wissenschaftler: Texte spiegeln sprachliche Vielfalt “virtuos”

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FRANFURT/MAIN. Texte des Rappers Haftbefehl eignen sich nach Ansicht zweier Erziehungswissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt durchaus für den Schulunterricht. Anlass der Debatte ist der aktuelle Dokumentarfilm „Babo – Die Haftbefehl-Story“ über den aus Offenbach stammenden Musiker Aykut Anhan, der bundesweit große Aufmerksamkeit erfährt. In Hessen hatte das Kultusministerium eine Behandlung seiner Raptexte im Unterricht jedoch bereits abgelehnt.

“Wiederholte Neigung zur Kriminalität”: Haftbefehl bei einem Auftritt in Mannheim 2020, Foto: Sven Mandel / via Wikimedia Commons CC-BY-SA-4.0

Haftbefehl gilt als einer der erfolgreichsten und einflussreichsten Rapper Deutschlands. Viele Jugendliche mit Migrationsgeschichte sehen in ihm ein Sprachrohr ihrer Lebensrealitäten. Der Stadtschülerrat Offenbach hatte vor diesem Hintergrund gefordert, sowohl die Texte als auch die Biografie des Künstlers im Unterricht aufzugreifen. Das Ministerium lehnte dies ab (News4teachers berichtete) – eine Entscheidung, die nun von der Erziehungswissenschaftlerin Lara Gilgen und dem Erziehungswissenschaftler Murat Güngör im Gespräch mit dem UniReport der Goethe-Universität kritisiert wird.

Zwar lasse der Dokumentarfilm zentrale Aspekte aus, etwa soziale Realitäten der Migrationsgesellschaft oder die Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen, so Gilgen. Dennoch biete die öffentliche Debatte um den Film eine pädagogische Chance. „Auf den Schulhöfen wird über die Doku viel gesprochen, aber es gibt kein pädagogisches Forum, das auch mal kritisch-reflektierend zu erörtern.“ Gerade das könne Unterricht leisten.

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Güngör verweist zudem auf die sprachliche Ebene der Raptexte. Haftbefehl arbeite virtuos mit Sprachfragmenten aus dem Arabischen, Türkischen, Kurdischen oder Romanes. Diese Mehrsprachigkeit sei Teil des Alltags vieler Schülerinnen und Schüler, finde im Unterricht jedoch kaum Anerkennung. Raptexte könnten deshalb genutzt werden, um im Deutschunterricht sprachliche Vielfalt grammatikalisch, pädagogisch und kontextuell zu thematisieren.

Aus Sicht der Wissenschaftler geht es dabei weniger um eine unkritische Würdigung des Künstlers als um die Auseinandersetzung mit Sprache, gesellschaftlichen Erfahrungen und kulturellen Ausdrucksformen, die für viele Jugendliche relevant sind – und die Schule bislang oft außen vor lässt. News4teachers 

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