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Lehrerausbildung: heftige Kontroverse nach Experten-Empfehlungen

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STUTTGART. Vom “Totenglöckchen für das Gymnasium” spricht der Philologenverband, nachdem eine Expertenkommission in Baden-Württemberg vorgeschlagen hat, bei der Lehrerausbildung nur noch nach Schulstufen statt nach Schularten zu unterscheiden. Nun melden sich auch Real- und Berufsschullehrer zu Wort. Kultusminister Stoch verteidigt die Vorschläge.

Nach dem Philologenverband machen nun auch die Vertreter der Realschul- und der Berufsschullehrer Front gegen die Reform der Lehrerausbildung. Der Bundesvorsitzender vom Verband Deutscher Realschullehrer, Jürgen Böhm, erklärte am Freitag in München, die Pläne der Expertenkommission gingen zulasten der Bildungsqualität und erfolgreicher Ausbildungsgänge. Die Landesregierung müsse die qualifizierte Ausbildungs- und Erziehungsarbeit der Realschulen anerkennen und unterstützen statt sie zu behindern.

Gibt es in Baden-Württemberg bald nur noch zwei Lehrämter? Foto: younma / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wies die Kritik zurück. Die Vorschläge würden jetzt mit allen Beteiligten beraten. «Diese Empfehlungen weisen darauf hin, dass das Niveau der Lehrerbildung insgesamt verbessert werden muss.» Die Argumente gegen eine solche Qualitätsverbesserung seien schwer nachzuvollziehen.

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Der klassische Gymnasiallehrer hat nach Überzeugung einer unabhängigen Expertenkommission ausgedient. Künftig soll die Ausbildung für Lehrer aller weiterführenden Schulen zusammengelegt werden, schlug das Gremium vor. Die Fachleute empfehlen der grün-roten Landesregierung, nur noch zwei Lehrämter anzubieten: eines für die Grund- und eines für die weiterführenden Schulen.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) steht dem Vorhaben eher positiv gegenüber: «Wir begrüßen, dass es eine gewisse Vereinheitlichung bei der Ausbildung geben soll», sagte Sprecher Michael Gomolzig. Die Vereinheitlichung müsse aber dann auch bei den Themen Beförderung und Besoldung erfolgen.

Ein positives Echo fand das Ergebnis der Experten auch bei den Vertretern der Pädagogischen Hochschulen, die unter anderem für die Ausbildung der Grund-, Hauptschul- und Realschullehrer zuständig sind. Sie hoben positiv hervor, dass Lehrerbildung nicht mehr nach Schularten, sondern nach den Schulstufen organisiert werden soll.

Die Landesvorsitzende des Realschullehrer-Verbands, Irmtrud Dethleffs-Niess, sagte dagegen zu den Reformvorschlägen: «Eine solche Weichenstellung lehnen wir entschieden ab.» Stattdessen fordert der Verband eine «differenzierte und passgenaue Lehrerausbildung, welche aus unserer Sicht die einzig mögliche Antwort ist auf die vielfältigen gesellschaftlichen und beruflichen Herausforderungen unserer Zeit».

Die Berufsschullehrer sehen die Empfehlungen gleichfalls mit großer Sorge. Die Landesvorsitzende des Verbandes, Margarete Schaefer, sagte der dpa, sie sehe keine Notwendigkeit, die Vorschläge umzusetzen. «Wir brauchen eine hohe Fachlichkeit.» Schon jetzt sei es schwierig, «gute Leute» für die Berufsschule zu gewinnen.

Bereits nach der Veröffentlichung der Reformvorschläge hatte sich der Philologenverband entrüstet gezeigt. «Damit wird das Totenglöcklein für das Gymnasium geläutet», sagte Landeschef Bernd Saur. Wenn es künftig keine speziell ausgebildeten Gymnasiallehrer mehr gebe, bedeute dies auch das Ende des Gymnasiums. (Oliver Schmale, dpa)

(22.03.2013)

zum Bericht: Experten wollen neue Lehrerbildung: Haben Gymnasiallehrer ausgedient?

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