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Immer mehr chronisch kranke Schüler: Kinderärzte fordern bundesweiten Einsatz von Schulschwestern

BERLIN. Mit Blick auf die voranschreitende Inklusion – und die Zunahme von chronischen Erkrankungen unter Kinder und Jugendlichen – hat die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) den bundesweiten Einsatz von “Schulschwestern” gefordert. In vielen Ländern sind solche School Health Nurses etabliert. In Deutschland jedoch sind sie eine Ausnahmeerscheinung.

In anderen Ländern – wie hier auf dem Foto aus Großbritannien von 1944 – gehören Schulschwestern seit Jahrzehnten zum Personal an Schulen. Foto: Imperial War Museum / Wikimedia Commons

Die Zahl chronisch kranker Schüler nimmt einer Erklärung der DGSPJ zufolge insgesamt zu. So hatten beispielsweise in Brandenburg 2012 nach repräsentativen Erhebungen des Landesgesundheitsamts 13 Prozent der Untersuchten eine chronische Erkrankung. 2009 waren es erst zehn Prozent. Obwohl auch durch die Inklusion immer mehr chronisch kranke Kinder allgemeinbildende Schulen besuchten, seien diese bislang nur unzureichend auf die Situation eingestellt, so heißt es in einer Erklärung. Anpassungen, besser: tief greifende Reformen der Schulgesundheitspflege im Regelschulalltag, seien also überfällig, meint Dr. Ulrike Horacek vom Vorstand der DGSPJ.

In Kanada, in Australien, in den meisten Staaten der USA, aber auch in vielen europäischen Staaten habe sich die Schulschwester bewährt, so heißt es in dem Papier. An jeder Schule in Schweden, Finnland und England gebe es mindestens eine Schulschwester, die zumeist in einem Team aus Lehrern, Schularzt, Schulpsychologe und Schulsozialarbeiter arbeitet. Pro Schuljahr nehme in Schweden im Schnitt jedes Kind vier Mal die Dienste der Schulschwester in Anspruch. Da Schulschwestern der Schweigepflicht unterlägen und auch keine Noten verteilten, hätten Schüler meist großes Vertrauen zu ihnen. Pflegewissenschaftler Andreas Kocks von der Universität Witten-Herdecke plädiert dafür, dieses Modell auf Deutschland zu übertragen.

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An deutschen Schulen gibt es kein vergleichbares Angebot. „Das machen Sekretärinnen oder Hausmeister”, sagt Kocks gegenüber dem Informationsdienst „bildungsklick“, „dabei wäre es nicht nur für die 15 bis 20 Prozent chronisch kranken Kinder, die wir in Deutschland haben, wichtig, dass sie in der Schule einen kompetenten Ansprechpartner und Fürsprecher haben. Und nicht erst die Diskussion um Integration und Inklusion bringt die Themen Gesundheit, Krankheit und Pflegebedarf in die Schule. Eine Schulschwester könnte daran arbeiten, dass die Schule endlich der Raum wird, der Gesundheit fördert und, falls nötig, Krankheiten in den Alltag integriert.”

In vielen Ländern gilt die Schulschwester als erste kompetente Ansprechpartnerin für alle gesundheitlichen Belange der Kinder im schulischen Alltag sowohl für Schüler und Eltern, aber auch für Lehrer. Sie entscheidet auch darüber, ob oder wann ein Schularzt einzuschalten ist. Speziell für chronisch kranke Kinder in der Schule fungiert sie als Case-Managerin, indem sie die Schüler und deren Eltern unterstützt und begleitet. Sie kümmert sich konkret um

Zudem soll sie stets überprüfen, ob alle nachgehenden Fürsorgemaßnahmen umgesetzt und Behandlungspläne eingehalten werden. Eine Schulschwester, so die DGSPJ, könne zudem vor Ort als Ansprechpartner für Inklusionshelfer und Schulbegleiter fungieren. „Können aber alle Lehrer zu Experten von allen chronischen Erkrankungen werden?“, so lautet eine rhetorische Frage in dem Papier. Antwort: „Wohl kaum.“

Die DGSPJ ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft mit etwa 2000 Mitgliedern, überwiegend Kinder- und Jugendärzten, aber auch Kinderkrankenschwestern und -pflegern. News4teachers

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