Ein Kommentar von ANDREJ PRIBOSCHEK
LONDON. Es lässt sich leicht ein statistischer Zusammenhang herstellen zwischen der Zahl der eingesetzten Feuerwehrmänner bei einem Brand – und der Schadenshöhe. Heißt das, viele Feuerwehrmänner machen viel kaputt? Natürlich nicht. Die entscheidende Größe ist das Ausmaß des Feuers, von der die Anzahl der Feuerwehrmänner und schließlich der Schaden abhängen. Warum das hier erwähnt wird? Weil das Beispiel deutlich machen soll, dass es bei der Analyse von Zusammenhängen immer auch darauf ankommt, sinnhafte Bezüge zu schaffen. Sonst wird aus Statistik bloßer Quatsch.
Wie beim “Effizienz-Index”, der die Effizienz von Bildungssystemen messen will und dabei das eingesetzte Geld und die PISA-Ergebnisse in Relation setzt. Die Studie „The efficiency index. Which education systems deliver the best value for money“, durchgeführt von der britischen Bildungsberatung Gems Education Solutions, kommt zu dem Ergebnis, Deutschland gebe vergleichsweise viel Geld für Schulbildung aus, gemessen an den PISA-Leistungen, die zwar gut, aber nicht hervorragend seien. Unter Effizienz-Kriterien landet Deutschland in diesem Ranking nur auf Platz 25 von 30 OECD-Ländern. Es liegt damit hinter den meisten anderen nordeuropäischen Ländern. Nur die Schweiz (wo die Lehrergehälter höher als in Deutschland sind) ist der Studie zufolge noch ineffizienter.
An der Spitze der Tabelle liegen Finnland und Südkorea, Länder also, die eine deutlich schlechtere Lehrer-Schüler-Relation und niedrigere Lehrergehälter als Deutschland ausweisen. Allen Ernstes schreiben die Autoren: “Laut dem ökonometrischen Modell des Index könnte Deutschland mit der hohen PISA-Platzierung Finnlands mithalten und dennoch durch eine Vergrößerung der Schulklassen und starke Kürzungen der Lehrergehälter Einsparungen erzielen.” Weiter heißt es: “Der Index hat ergeben, dass diese PISA-Ergebnisse selbst dann erzielt werden könnten, wenn Deutschland das Schüler-Lehrer-Verhältnis von 13,7 auf 26,5 erhöhen und somit fast verdoppeln würde. Alternativ dazu könnte Deutschland, wenn es denn effizienter wäre, die PISA-Ergebnisse Finnlands erreichen und dennoch die durchschnittlichen Lehrergehälter um 30 Prozent reduzieren – von derzeit 53.730 auf 37.660 USD.”
Heißt das nun, dass die Leistung eines Schulsystem davon abhängt, dass die Klassen möglichst groß und die Lehrer möglichst arm sind? Natürlich nicht. Nicht eingeflossen in die Betrachtung sind nämlich alle Rahmenbedingungen, die für die Leistungen von Schulsystemen relevant sind – etwa die Lernkultur (die im konfuzianisch geprägten Südkorea dazu führt, dass Schüler nach der Schule bis abends noch in Nachhilfeschulen lernen), das Ausmaß der Einwanderung (Finnland liegt hier bei nahe null) oder das Einkommensniveau und die Karriereaussichten in anderen akademischen Berufen, die die Attraktivität des Lehrerberufes ja mitbestimmen (und das Einkommensniveau – wie auch in Deutschland).
Finanzpolitiker können also ihre Rotstifte wieder einpacken: Durchs bloße Streichen ist noch kein Bildungssystem besser geworden.
Hier geht es zum „efficiency index“.