BERLIN. Organisiert vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Hochschulen und Weiterbildung über die Qualität des deutschen Bildungswesens. Erntete die Hochschulbildung einiges Lob, würde die Schulbildung vernachlässigt.
Wenn Wirtschaftvertreter über das Schulsystem sprechen geht es meist um Fachkräftenachwuchs und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Bildung gilt dabei als zentraler Baustein zum zukünftigen Erfolg. Diese, so oder ähnlich auch von Politikern regelmäßig wiederholte Erkenntnis, fasst auch das Ergebnis einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) zusammen. In der Studie gaben 73 Prozent der befragten Unternehmen an, dass es vor allem im Bereich Wissen, Bildung und Qualifizierung Handlungsbedarf gebe.
Um die Qualität der Bildung ging es auch in einer Debatte des Stifterverbands der deutschen Wirtschaft in Berlin. Neben der DGQ waren dabei etwa Bahnchef Rüdiger Grube und Micha Teuscher, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz vertreten.
Was die Qualität der Hochschulbildung angeht, sei Deutschland mit seiner Vielfalt an Forschung und Lehre und dem Engagement der Lehrkräfte nach sehr gut aufgestellt. So stellte etwa Grube heraus, die Partnerschaft zwischen Unternehmen und Hochschulen sei heute so stark wie nie.
Die Schulbildung, werde Grube zufolge jedoch vernachlässigt. Unternehmen müssten aber schon in der Schule Thema sein, damit sich der Nachwuchs frühzeitig mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland auseinandersetze. Eine zentrale Schwachstelle sah das Podium im mangelnden Praxisbezug während der Schulausbildung: Die deutsche Wirtschaft finde kaum Beachtung in den Klassenzimmern.
Dies habe auch direkte Folgen für Jugendliche. Die Entscheidung über Studium oder Beruf wird bereits in der Schule getroffen. In der Regel seien die Schüler auf diese wichtige Weichenstellung im Leben schlecht vorbereitet, da die frühe Auseinandersetzung mit Wirtschaftsthemen fehle. Vielversprechende Konzepte gebe es genug.
DFQ-Vorstand Rolf-Jürgen Ahlers stellte heraus, dass die Industrie an der Entstehung der Studien- und Lehrpläne beteiligt sein sollte. Das bedeute aber nicht, dass sich die Politik zurückziehen solle, sobald es erfolgreiche Synergien zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gibt.
Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft identifiziert zwei wesentliche Ziele, die die Qualität des deutschen Bildungssystems nachhaltig gewährleisten: Zum einen müsse der Bedarf an Akademikern sichergestellt werden. Dies impliziere, beispielsweise mehr Frauen oder Migranten für MINT-Berufe zu gewinnen – insbesondere in den eher männerdominierten Ingenieurwissenschaften. Zum anderen müsse mehr Diversität gewagt werden, um zu verhindern, dass sich weiterhin eher Kinder von Akademikern für ein Studium entscheiden.
„Ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem erkennt aktuelle Anforderungen aus Wirtschaft und Gesellschaft und kann darauf reagieren“, sagte Dr. Jürgen Varwig, Präsident der DGQ. „Um im internationalen Wettbewerb zu bestehen, brauchen wir kluge Köpfe, die wir nur durch attraktive Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft für den Standort Deutschland gewinnen können.“
zum Bericht: „Wirtschaft“ in der Schule – Der schmale Grat zwischen BWL und Verbraucherbildung