ULM. Lehrerverbände in Bayern und Baden-Württemberg wenden sich gegen eine Verwässerung der Realschule. Gerade in der mittelständischen Wirtschaft würden die Absolventen dringend benötigt, argumentieren sie.
Auf dem Süddeutschen Realschultag in Ulm warnten Verbandsvertreter vor einer einseitigen Orientierung junger Menschen auf akademische Bildung. Das führe zu Fehlqualifikationen und setze falsche Anreize, teilten die Realschullehrerverbände der beiden Länder mit. «Jeder Versuch, die Realschule in Bayern und Baden-Württemberg zu ersetzen oder zu verwässern, ist ein Schlag gegen die industriell und mittelständisch geprägten Wirtschaftsstandorte im Süden», betonten die Verbände.

Bildungspolitiker beider Länder müssten die Realschulen stärken, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Durch den Anwendungsbezug und die klare Berufsorientierung würden die Absolventen aus Realschulen in der Industrie und im Handwerk dringend benötigt.
Einer Forsa-Umfrage zufolge finden 89 Prozent der Befragten in Bayern und Baden-Württemberg die Schulbildung an Realschulen wichtig beziehungsweise sehr wichtig, um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. «Die Öffentlichkeit steht voll hinter den Realschulen», sagte Jürgen Böhm, Vorsitzender des bayerischen Realschullehrerverbands und des Verbands Deutscher Realschullehrer. Darum solle man sie inhaltlich weiterentwickeln statt strukturell an ihnen herumzubasteln.
In Baden-Württemberg befürchten CDU, FDP und Lehrerverbände, dass die Stellung der Realschule mit der Einführung der Gemeinschaftsschule durch Grün-Rot geschwächt wird. «Bildungsgerechtigkeit wird teils pervertiert, indem man die Bildungsqualität nivelliert», kritisierte Böhm. In Bayern sei diese Gefahr aktuell weniger groß.
SPD und Grüne in Baden-Württemberg wiesen die Kritik zurück. Laut der Grünen-Fraktion im Landtag hat Grün-Rot den Realschulen in dieser Legislaturperiode erstmals überhaupt zusätzliche Stunden zur Verfügung gestellt, «um die Ungleichbehandlung der alten Landesregierungen anzugehen», betonte Sandra Boser, bildungspolitische Sprecherin.
«Die Realschule hat auch zukünftig einen festen Platz in unserer Schullandschaft», teilte Stefan Fulst-Blei mit, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. «Von einer Schwächung kann keine Rede sein.» (dpa)
zum Bericht: Fachkräftesicherung: Realschullehrerverbände sehen sich durch Umfrage bestätigt

