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Bundesbildungsministerin Wanka: „Erwartung an Lehrer ist unermesslich“

BERLIN. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat Lehrer als „Helden des Alltags“ gewürdigt – und eine bessere gesellschaftliche Anerkennung für sie angemahnt. „Die Erwartung an Lehrer ist unermesslich. Sie sollen alles reparieren, was bei den Kindern irgendwann schiefgelaufen ist. Hinter dieser Erwartung können sie nur zurückbleiben. Die Wertschätzung für die Lehrer ist in den vergangenen Jahren aber stark gestiegen. Das ist gut“, sagte die CDU-Politikerin in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“. Darin macht sie sich auch für die Rettung des Handschreibens stark – und für ein Fach „Alltagswissen“.

Macht sich für die Rettung des Handschreibens stark: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Foto: Junge Union Deutschlands / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Macht sich für die Rettung des Handschreibens stark: Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Foto: Junge Union Deutschlands / flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

Dass der frühere PISA-Sieger Finnland ab 2016 die Pflicht zur Vermittlung einer Schreibschrift aus den Lehrplänen für die Primarstufe streichen will – und stattdessen verstärkt auf das Schreiben per Tastatur setzt – sieht Wanka kritisch. „Nicht alles, was Finnland macht, muss richtig sein. Es gibt Studien, die belegen: Wer Schreibschrift schreibt, schreibt bewusster. Schreibschrift fördert außerdem die Feinmotorik und das logische Denken“, erklärt die ehemalige Mathematik-Professorin und Rektorin der Hochschule Merseburg in dem Interview, das auch auf der Homepage des Bundesbildungsministeriums veröffentlicht wurde. Schreibschrift sei mehr als schönes Schreiben. Dabei würden Synapsen im Gehirn trainiert. Auf die Frage, ob wir  uns nicht damit abfinden müssen, dass bestimmte Kulturtechniken wie die Fahrt mit der Pferdekutsche einfach aussterben, antwortete Wanke:  „Manche Dinge überleben sich in der Tat. Die Schreibschrift gehört aber nicht dazu. Auch bei uns gibt es Tendenzen, sie abzuschaffen, weil es auf den ersten Blick leichter wirkt, gleich Druckbuchstaben zu benutzen. Das wäre ein Fehler. Wir müssen die Schreibschrift retten!“

Darüber hinaus mischt sich die Bundesbildungsministerin in die Debatte um den Tweet der Schülerin Naina ein. Die Gymnasiastin hatte bei Twitter gepostet (und damit eine bundesweite Debatte um die Alltagstauglichkeit von Schulwissen ausgelöst): „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtanalyse schreiben. In vier Sprachen.“ Wanka erklärt nun: „Man kann nicht immer sofort sehen, wofür etwas nützt. Natürlich kann man sagen: Wozu brauche ich eine Gedichtinterpretation? Aber hier geht es darum, sich in etwas hineinzuversetzen, Emotionen zu verstehen, zu erkennen, was Schönheit ausmacht. Im Idealfall lernt man, Kultur zu genießen. Das ist wichtig für das Lebensglück.“ Gleichzeitig aber gibt Deutschlands oberste Bildungsrepräsentantin dem Mädchen recht – indem sie ein Fach „Alltagswissen“ vorschlägt. Wanka: „Dort könnten die Schüler Dinge lernen, die für ihr praktisches Leben wichtig sind. Ich denke da an die Fallen in Handyverträgen, handwerkliche Fähigkeiten, aber auch an Grundkenntnisse in richtiger Ernährung und Kochen. Viele Jugendliche schauen mit Begeisterung Kochsendungen, können aber ohne Mikrowelle keine Lebensmittel mehr zubereiten.“

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Der Philologenverband hat dem Vorschlag bereits eine Absage erteilt. „Man kann nicht auf jedes gesellschaftliche Problem mit einem neuen Fach reagieren”, sagte Verbandschef Peter Meidinger. “In der Schule sollen Kinder natürlich lernen, vor Entscheidungen Sachverhalte kritisch zu prüfen, sich Ratschläge zu holen, Vergleiche zu ziehen. Ob es aber sinnvoll ist, dass Lehrer Kinder über Fallen in Handyverträgen aufklären sollen, welche sich ständig ändern, Verträge, die im Übrigen von den Eltern und nicht den Minderjährigen abgeschlossen und bezahlt werden müssen, das darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.“

Die Bundesbildungsministerin appellierte schließlich an die Länder, bei den Ausgaben für die Schulen nicht zu sparen. Mit Blick auf das Thema Unterrichtsausfall („quer durch die Republik ein großes Problem“) erklärte sie: „Eine gute Lehrerversorgung muss sichergestellt sein. Wer da zu knapp kalkuliert, riskiert, dass in manchen Klassen ganze Themenblöcke nicht behandelt werden und die Schüler zurückfallen.“ Bildung dürfe nicht nur in Sonntagsreden vorkommen, sondern müsse auch in den Haushalten der Länder das wichtigste Thema sein. Wanka: „2008 wurde zwischen Bund und Ländern verabredet, dass 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausgegeben wird. Derzeit stehen wir bei 9 Prozent, es muss also noch etwas getan werden. Das bedeutet: Auch wenn die Schülerzahlen sinken, dürfen die Ausgaben für Bildung nicht gekürzt werden!“ News4teachers

Hier geht es zum kompletten Interview auf der Seite des Bundesbildungsministeriums.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Philologenverbands.

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