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„Sexuelle Vielfalt“ auch im Unterricht: Kretschmann verteidigt Aktionsplan – CDU: Ohne Augenmaß

STUTTGART. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat den grün-roten Aktionsplan zur Gleichstellung sexueller Minderheiten gegen Kritik verteidigt. Er wandte sich insbesondere gegen den Vorwurf von CDU-Landtagsfraktionschef Guido Wolf, mit dem Konzept werde der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet. «Es ist genau umgekehrt», sagte Kretschmann. Eine Gesellschaft könne nur zusammengehalten werden, wenn Minderheiten nicht diskriminiert, sondern geachtet würden. Dieser Auftrag leite sich auch aus der Verfassung ab. Kretschmann: «Darauf haben die Menschen schlichtweg ein Recht.»

In Baden-Württemberg wird 2016 wieder gewählt: Winfried Kretschmann, hier ein Foto aus dem Wahlkampf. Foto: Grüne Baden-Württemberg / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)

Das Kabinett beschloss den Aktionsplan aus dem Haus von Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) am Dienstag in Stuttgart. Er sieht unter anderem vor, dass Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen für das Thema sensibilisiert werden, Diskriminierungen in der Arbeitswelt abgebaut und die medizinischen Angebote für trans- und intersexuelle Menschen verbessert werden. Auch Schüler sollen lernen, so sieht es ein neben dem Aktionsplan vorgesehener neuer Bildungsplan vor, sexuelle, ethnische, kulturelle und religiöse Vielfalt zu akzeptieren. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, mit dem Aktionsplan wendeten sich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen gegen die anhaltende Diskriminierung von Homosexuellen, Intersexuellen und anderen Menschengruppen. «Dieses Ziel streben auch die Vereinten Nationen, das Europäische Parlament, der Europarat und die Bundesregierung an», machte er klar. Wer sich gegen dieses Anliegen stemme, verweigere diesen Menschen Respekt und Achtung.

CDU-Spitzenmann Wolf kritisierte hingegen, der Aktionsplan sei ohne Augenmaß und Rücksicht geschrieben. «Gerade bei einem solch sensiblen Thema hätte ich mir mehr Fingerspitzengefühl und ein ehrliches Zugehen auf die Kritiker gewünscht», sagte er. «Mit dem jetzt vorgelegten Aktionsplan riskiert Grün-Rot eine heftige Auseinandersetzung, die eher das Trennende als das Gemeinsame betonen wird.» Grün-Rot fehle ein Konzept zur Einbindung kritischer Stimmen.

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Wolf warf Grün-Rot generell vor, sexuelle Fragen in der öffentlichen Debatte zu betonen. Das sei unglücklich. «Vielleicht gehört es zum Respekt vor der Identität eines jeden Einzelnen, höchstpersönliche Themen wie die Sexualität wieder mehr ins Private zu verlagern», gab er zu Bedenken. «Toleranz und Respekt lassen sich im direkten Miteinander besser fördern als in aufgeregten öffentlichen Debatten», sagte er auch mit Blick auch auf den Bildungsplan.

Die Initiative Familienschutz als Mitglied des Aktionsbündnisses «Demo für Alle» hat unterdessen den  Aktionsplan gegen sexuelle Diskriminierung kritisiert. Mit einem «Bürger-Umerziehungsprogamm» vergleicht die Sprecherin Hedwig von Beverfoerde in einem Schreiben an ihre Mitglieder das Konzept der Landesregierung. Grün-Rot wolle den Aktionsplan «gegen den Willen zahlreicher Bürger und ohne Beteiligung des Landtages» auf den Weg bringen. Von Beverfoerde rief damit als Koordinatorin der Aktion zur «Demo für alle» am Sonntag in Stuttgart auf. Die Veranstalter erwarten laut Stadt bis zu 2000 Teilnehmer. Auch eine Gegendemonstration ist bereits angemeldet.

Das Aktionsbündnis «Demo für alle» kritisiert neben dem Aktionsplan vor allem den angestrebten neuen Bildungsplan. Damit soll unter anderem das Thema sexuelle Vielfalt und Geschlechteridentitäten in den Schulen, aber auch in Schulbüchern behandelt werden. Die Gegner befürchten nach Aussage von Hedwig von Beverfoerde eine Überforderung ihrer Kinder mit dem Thema Sexualität. Sie kritisierte zudem die von Grün-Rot mitgetragene Bundesratsinitiative zur Öffnung der Ehe für alle: «Sie wollen die Identität der Ehe als Lebensbund zwischen einem Mann und einer Frau zerstören», schreibt von Beverfoerde.

Die GEW hält hingegen eine Überarbeitung der Schulbücher im Zuge der geplanten Bildungsplanreform für notwendig. «Es ist natürlich selbstverständlich, dass ein Bildungsplan Niederschlag in den Schulbüchern finden muss, da gehört die Vielfalt dazu», sagte eine Sprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft am Dienstag. Die Gewerkschaft unterstützt damit eine entsprechende Forderung des Kultusministeriums. Laut GEW würden Schulen teilweise auch aufgrund von finanziellen Zwängen alte Schulbücher verwenden. «Ich habe zwei Söhne», sagte der Sprecher. «Da finde ich Schulbücher, wo ich Bilder aus meiner Kindheit aus den 70-er Jahren wiedererkenne.» In diesen Büchern werde auch das entsprechende frühere Rollenverständnis von Mann und Frau abgebildet. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Grün-Rot plant „sexuelle Vielfalt“ auch in Schulbüchern – nächste Demo steht bevor

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