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Deutscher Lehrertag in Leipzig zur Inklusion: Beckmann fordert Doppelbesetzung in jede Klasse

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LEIPZIG. Zum dritten Mal fand der Deutsche Lehrertag im Rahmen der Leipziger Buchmesse statt. Zur Frühjahrstagung waren mehr als 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland gekommen. Hauptthema: Inklusion. Hauptreferent war der Theologe Prof. Uwe Becker, Autor des Buches „Die Inklusionslüge“.

VBE-Vorsitzender Udo Beckmann zeigte sich auf dem Deutschen Lehrertag kämpferisch (Archivbild). Foto: Eduard N. Fiegel / VBE

Veranstalter des größten bundesweiten Weiterbildungstages für Lehrer aller Schulstufen sind der VBE sowie der Verband Bildungsmedien. Zur Eröffnung der Frühjahrstagung im Congress Center Leipzig diskutierte Iris Firmenich, Mitglied der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags und Mitglied des Ausschusses für Schule und Sport, der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann und der stellvertretende Vorsitzende des Verbands Bildungsmedien, Wolf-Rüdiger Feldmann, zu den Problemen mit der praktischen Umsetzung der Inklusion.

Beckmann mahnte dabei: „Die Politik darf die Schulen weder mit leeren Versprechungen hinhalten noch mit überstürzten Forderungen belasten. Gelingende Inklusion braucht Praxisorientierung. Entscheidungen aus dem Elfenbeinturm helfen niemandem.“ Eine zusätzliche Herausforderung seien die Flüchtlinge, die jetzt in die Klassen kommen, sagte Beckmann. Dabei müsse die Inklusion nicht unter die Räder kommen. «Integration und Inklusion stehen vielmehr dicht beieinander, sie bedeuten ein Einbringen von Menschen in die Gesellschaft», sagte Beckmann. Dazu müsste jedoch die Zahl der Lehrer in den Ländern erhöht, müssten die Pädagogen durch entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung auf den Umgang mit der immer größer werdenden Verschiedenheit in den Lerngruppen vorbereitet werden.

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Feldmann stellte fest: „Inklusion ist ohne Zweifel noch immer das Bildungsthema in Deutschland. Denn obwohl sie als gesetzliche Vorgabe natürlich in allen Schulgesetzen verankert ist, gehen die praktischen Erwartungen von Lehrkräften und Eltern, Schülern und Schulpolitik deutlich auseinander. Insofern ist weiter an den verschiedenen Aspekten zu arbeiten.“

Erst im Februar hatte der VBE eine Forsa-Studie zur Berufszufriedenheit von Lehrern veröffentlicht. 85 Prozent der Befragten gaben als besonders belastend an, dass Politiker bei ihren Entscheidungen den tatsächlichen Schulalltag nicht beachten. Der VBE-Chef fordert daher: „Schulische Inklusion muss endlich unter Qualitätsgesichtspunkten diskutiert werden. Daher gehört in jede inklusive Lerngruppe eine Doppelbesetzung aus Regelschullehrkraft und Sonderpädagoge. Zudem benötigen alle Schulen Unterstützung durch multiprofessionelle Teams. Nur so kann jedes Kind bestmöglich und individuell gefördert werden.“

Auch der Schulbau und die Schulsanierung dürfe nicht vernachlässigt werden. Im Mai letzten Jahres hatte der VBE eine repräsentative Befragung zu Inklusion herausgegeben. 52 Prozent der befragten Lehrkräfte gaben dabei an, dass ihre Schule überhaupt nicht barrierefrei ist. Und das, obwohl schon an der Hälfte der Schulen dieser Lehrkräfte inklusiv beschult wird. Zudem bewerteten 77 Prozent der Befragten das Fortbildungsangebot zur Vorbereitung auf die inklusive Beschulung als wenig bis gar nicht gut. Beckmann fasste zusammen: „Die Überforderung der Lehrerinnen und Lehrer wird mit zu großen Klassen, zu kleinen Räumen, mangelhafter Weiterbildung und fehlender Unterstützung geradezu provoziert.“ Er appellierte: „Es ist an der Zeit zu handeln. Beides ist möglich: Inklusion und gesunde Lehrer. Für das Gelingen sind aber Ressourcen notwendig, die von der Politik bereitgestellt werden müssen.“

Hauptreferent Becker stellte seine Thesen vor, die er auch schon in einem Gastbeitrag für News4teachers dargelegt hat. Tenor: „Eine ernsthaft verfolgte inklusionsorientierte Bildungspolitik ist kein Sparpaket ist, sondern macht erhebliche Mehraufwendungen erforderlich“ – sowie umfangreiche schulpolitische Reformen. Ansonsten sei die Überforderung der Lehrerschaft programmiert.

Feldmann vom mitveranstaltenden Verband Bildungsmedien freute sich unterdessen über den großen Zuspruch zum Deutschen Lehrertag – und betonte das Potenzial der Frühjahrstagung (eine Herbsttagung fand im November in Dortmund statt). Feldmann: „Der Deutsche Lehrertag 2016 in Leipzig mit seinen mehr als 25 Workshops und Vorträgen ermöglicht es Lehrkräften, sich zum Thema nicht nur fachlich fortzubilden, sondern sich auch untereinander und mit den Vertretern von Wissenschaft, Bildungspolitik und -wirtschaft auszutauschen.“ News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Menschenrechts-Beauftragter kritisiert die Entwicklung der Inklusion in Deutschland als „klar konventionswidrig“

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