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Kinderschutzbund-Präsident Hilgers zur Inklusion: Lieber Klassen verkleinern, als Sonderpädagogen beschäftigen

BRAUNSCHWEIG. Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, hat an die Lehrer in Deutschland appelliert, das Thema Inklusion nicht allein als Ressourcenproblem zu sehen. „Darüber vergessen wir das viel wichtigere Thema: Die Haltung, die Wertschätzung auch schwerstbehinderter Kinder“, sagte Hilgers in einer von der „Braunschweiger Zeitung“ organisierten Diskussion mit Lesern, darunter einer Lehrerin. Allerdings übte der SPD-Politiker auch Kritik am vorherrschenden Inklusionsmodell.

Sieht den deutschen Weg hin zur Inklusion kritisch: Kinderschutzbundpräsident Heinz Hilgers. Foto: DKSB Bundesverband e.V.

„Für mich ist die Inklusion eine sichere Sache. Ich wohne nicht weit von der niederländischen Grenze entfernt, und unsere Nachbarn praktizieren Inklusion in der Schule schon seit 100 Jahren“, sagte Hilgers. Er betonte: „ Das deutsche Inklusions-Konzept ist eine Fehlleistung in dieser Hinsicht. Es fängt schon damit an, dass die lernbehinderten Kinder in der Regelschulklasse von Fachkräften betreut werden. Das ist der falsche Weg! Der Lehrer oder die Lehrerin sollte sich um sie kümmern – ebenso, wie um alle anderen Kinder. Sonst ist es nur eine neue Art der Ausgrenzung. Und die Erfahrung zeigt: Kinder haben überhaupt keine Probleme mit lernbehinderten Gleichaltrigen. Es sind die Eltern, die voreingenommen sind.“

Eine Leserin der Zeitung – selbst Lehrerin – schilderte Hilgers ihre Situation und die ihrer Kollegen: „Wir wurden regelrecht überrumpelt von der Inklusion. Jetzt versuchen wir, jeden Tag irgendwie zu schaffen, irgendwie unser Ziel zu erreichen.“

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Hilgers antwortete laut „Braunschweiger Zeitung“: „Verlieren Sie nicht den Mut! Sie müssen die Stärken des Einzelnen suchen und fördern, denn die hat auch das schwerstbehinderte Kind. Ich glaube, wir haben in Deutschland eine ungesunde Neigung, immer nach den Schwächen der Menschen zu suchen, um dann darauf herumzuhacken. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Aber wenn man ein Kind, das gut lesen kann, immer wieder mit Mathe quält, kann es irgendwann auch nicht mehr gut lesen. Und es wird unglücklich – denn es will ja Ihre Anerkennung, die seiner Lehrerin! Aus demselben Grund sollte es auch keine extra Fachkräfte für die lernbehinderten Kinder geben.“

Die Lehrerin entgegnete: „ Aber alleine als Lehrer eine Klasse mit Kindern so unterschiedlicher Bedürfnisse zu unterrichten, ist eine große Aufgabe.“ Hilgers: „Ja, das ist kaum zu schaffen bei 35 Schülern. Statt Fachkräfte für die lernbehinderten Kinder abzustellen, sollte man lieber die Klassen deutlich verkleinern. Aber da sind wir wieder bei der Frage nach den Ressourcen. Es steht aber für mich fest: Wenn behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen leben, profitiert die ganze Gesellschaft davon.“ News4teachers

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