BERLIN. Wie passt das zusammen? Lehrermangel macht den Schulen zum Start des neuen Schuljahrs vielerorts zu schaffen. Doch zugleich werden immer noch Lehrer im Sommer in die Arbeitslosigkeit geschickt – weil die Länder Geld sparen wollen. Dafür werden dann die Kassen der Arbeitslosenversicherung belastet.
Die Bundesländer haben während der Sommerferienzeit im vergangenen Jahr tausende Lehrer in die Arbeitslosigkeit geschickt. Bis zu 7000 mehr Lehrer waren in den Sommerferien 2015 arbeitslos als in normalen Monaten mit Schule – vor allem wegen befristeter Verträge, für die es dann allerdings nach den Ferien zumeist Anschlussverträge gibt. So sparen die Länder sechs Wochen Gehalt. Angesichts des verbreiteten Lehrermangels fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ein Ende dieser Spar-Praxis. Sie kritisiert die Praxis als «skandalös».
Im August 2015 war die Zahl der arbeitslosen Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen bundesweit auf knapp 11.100 gestiegen – im Jahresschnitt ohne den Hauptferienmonat August wurden 5.200 arbeitslose Lehrer gezählt. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage von Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst hervor.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte bereits im Januar mitgeteilt, dass sich in den Sommerferienmonaten rund 7.000 Lehrer mehr arbeitslos gemeldet hatten als in den Nicht-Ferienmonaten. Als Hauptgrund nannte die BA befristete Beschäftigungen. «Erkennbar ist dieses Phänomen insbesondere in den westlichen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, dem Saarland und Hamburg», so die BA.
Zahlen über die Lage in den Sommerferien 2016 liegen zwar noch nicht vor. Zu Beginn der Sommerferien in Baden-Württemberg hatte die GEW allerdings gemeldet, dass für fast 9000 Lehrer nun die Arbeitslosigkeit beginne – wohlgemerkt: nur in Baden-Württemberg. Es handele sich dort um 5.000 Referendare und mehr als 3.000 befristet angestellte Lehrer. Das würde bedeuten, dass immer mehr Pädagogen im Sommer ohne Bezüge sind, die fragwürdige Praxis also sogar noch ausufert.
Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe mahnte jetzt: «Vor allem wegen der Flüchtlingskinder werden Lehrer in vielen Regionen händeringend gesucht.» Deshalb müssten die Länder den Lehrern gute Bedingungen bieten. «Wer Stellen nach den Sommerferien nicht besetzen kann, sollte sich kein Hire-and-Fire-Prinzip leisten», sagte Tepe auf Anfrage.
Etliche Bundesländer, darunter Sachsen und Berlin, suchen angesichts der zusätzlichen Schüler händeringend Lehrkräfte. Auch Baden-Württemberg, das offenbar die meisten Lehrkräfte über den Sommer freisetzt, stößt bei der Besetzung freier Lehrerstellen zunehmend an die Grenzen des leergefegten Arbeitsmarktes. Das Land Berlin hat sogar eine Werbekampagne gestartet, um Grundschullehrkräfte aus Österreich und den Niederlanden abzuwerben.
Linken-Politiker Ernst kritisierte: «Die öffentliche Hand feuert dringend benötigte Lehrer, um sie nach Ende der Schulferien postwendend wieder einzustellen.» Das verstehe, wer will. News4teachers / mit Material der dpa
2015 meldeten sich in den Sommerferienmonaten rund 7000 Lehrkräfte mehr arbeitslos als durchschnittlich in den „Nicht-Ferienmonaten“. Das waren rund zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2009 waren gerade mal 4.300 Lehrkräfte betroffen.
“Bereits seit mehreren Jahren fällt der sprunghafte Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Sommerferienmonaten auf. Nach den Ferien geht die Zahl der arbeitslosen Lehrkräfte wieder deutlich zurück. Die Hauptursache dürfte in einer größeren Zahl an befristet beschäftigten Lehrkräften und Referendarinnen und Referendaren liegen, deren Verträge mit Beginn oder während der Sommerferien enden.”
“Eine eventuelle Anschlussbeschäftigung erfolgt erst mit Beginn des neuen Schuljahres. Die betroffenen Personen melden sich dann für die Dauer der Sommerferien (oder einem Teil davon) arbeitslos.”
“Erkennbar ist dieses Phänomen insbesondere in den westlichen Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern, dem Saarland und Hamburg. Aber auch in den restlichen Ländern zeigt sich in den Sommerferienmonaten ein erhöhter Zugang von Lehrkräften in Arbeitslosigkeit.”
Besonders häufig sind naturgemäß jüngere Lehrkräfte betroffen. Ein Großteil (71 Prozent) sind Frauen.