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Pflichtfach Programmieren: Laut Umfrage will Mehrheit der Deutschen „Coding“ im Schulunterricht

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HAMBURG. Für die einen Kinder ist Programmieren so eine Art Geheimsprache der Computer – unverständlich. Andere Kinder sprechen diese Sprache bereits fließend und können die Welt um sich herum mitgestalten. Da der digitale Wandel immer mehr Lebensbereiche berührt, sehen Experten die Kinder, die Programmieren können, klar im Vorteil.

Die Mehrheit der Bürger (59 Prozent) fordert Programmieren als Schulfach – das geht aus einer von der Körber-Stiftung vorgestellten Forsa-Umfrage hervor. Foto: Sandra Schink

Laut einer Untersuchung spricht sich inzwischen eine Mehrheit aller Bundesbürger für Programmieren als Schulfach aus. Das geht aus einer am Samstag von der Körber-Stiftung veröffentlichten Forsa-Umfrage hervor, für die 1.003 Personen befragt wurden. Demnach fordern 59 Prozent, dass „Coding“ in den Schulunterricht integriert wird – nur 38 Prozent lehnen dies ab. Insgesamt wird die Verantwortung für die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien mit großer Mehrheit bei zwei Instanzen gesehen: den Eltern und der Schule (je 86 Prozent).

Digitale Spaltung vermeiden

„Mit digitalen Tools umzugehen, ist heute in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen unabdingbar“, kommentiert Julia André, Leiterin des Fokusthemas „Digitale Mündigkeit“ der Körber-Stiftung. „Nur Menschen, die über die entsprechenden Kompetenzen verfügen, können sich sicher in unserer zunehmend vernetzten, digitalen Welt bewegen. Wir müssen dringend entsprechende Bildungsangebote schaffen, um die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern«, so André weiter. Dabei sei es nicht nur wichtig, dass junge Menschen digitale Medien souverän anwenden könnten, sondern auch, dass sie kreativ-gestalterisch mit ihnen umzugehen lernten.

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Diese Forderung ist nicht neu: bereits im September 2015 hatte die SPD Informatik als Pflichtfach gefordert, um Kinder und Jugendliche früh an Computer und die Programmiersprache heranzuführen. Dafür sollte in alle Bundesländern, an allen Schulen und in allen Schul- und Altersstufen ein verpflichtender Informatikunterricht zum Lehrplan gehören. Das Argument: Der Wandel zur digitalen Gesellschaft dürfe nicht nur von der Technologie-Seite angepackt, sondern müsse auch in der Gesellschaft verankert werden, so der Bundestagsabgeordnete Sören Bartol (SPD) gegenüber „Spiegel Online“. Bisher ist Informatik jedoch noch weitgehend ein Nischenfach.

Problem sind unter anderem die bereits vollen Stundenpläne der Schülerinnen und Schüler. „Wer ein neues Schulfach will, muss auch sagen, auf welches alte Fach er dafür verzichten will”, kommentiert Sylvia Löhrmann, grüne Schulministerin in Nordrhein-Westfalen, gegenüber „Spiegel Online“ den regelmäßigen Ruf nach neuen Schulfächern. Auch fehle es an Lehrkräften, die Programmierunterricht geben könnten sowie an der passenden Ausstattung der Schulen. Der Tenor bleibt daher: „Angebot ja, Pflicht nein“, wie es Focus Online zusammenfasst. Die Nachrichtenseite zitierte 2015 in Bezug auf die Forderung der SPD den bildungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Kretschmer (CDU): „Digitalisierung und Programmieren müssen in den Lehrplan integriert werden. Neue Fächer brauchen wir dafür aber nicht.“

Schüler wollen Pflichtfach Informatik

Ginge es nach den Schülern, könnte Informatik jedoch verpflichtend eingeführt werden. Laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Aris vom Januar 2015 hätten 75 Prozent der Schüler Informatik gerne als Pflichtfach, nur etwa jeder Zwölfte (8 Prozent) lehnt diesen Vorschlag ab. Damit verbesserte sich die Zustimmung um 22 Prozentpunkte: 2013 lag die Zustimmung nur bei 53 Prozent und 23 Prozent lehnten Informatik als Pflichtfach ab.

Bisher gibt es vor allem Pilotprojekte oder so genannte App-Camps. Wenn es nach den Schülern ginge, gäbe es insgesamt mehr Informatikunterricht an deutschen Schulen. Foto: Romy Geßner

In den letzten Jahren sind in Deutschland außerdem immer mehr Pilotprojekte an Grund- und weiterführenden Schulen entstanden – zum Beispiel in Form von Programmier-AGs oder einzelnen Unterrichtreihen. Vor zwei Jahren hatten außerdem im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2014 der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, der Geschäftsführer des Fraunhofer-Verbunds IUK-Technologie Thomas Bendig und das Studio NAND die Initiative „Jeder kann programmieren“ und „Start coding! e.V“ ins Leben gerufen, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Ziel der Initiativen war es unter anderem, eine wirksame öffentliche Debatte über Deutschlands Rolle in der digitalen Gesellschaft anzustoßen, wie es auf der Homepage von Start-Coding.de heißt.

Deutschland hinkt hinterher

Trotzdem sind andere Länder im Bereich digitale Bildung schon weiter. Während in Deutschland interessierte Schüler sich weiterhin vor allem private Angebote suchen müssen, gibt es in Estland und Großbritannien Programmieren schon als eigenes Unterrichtsfach. Andere Länder wie Australien, China oder Finnland rüsten ihre Schulen immer weiter auf – auch mit Blick auf die wachsende IT-Branche. Und nicht nur in klassischen Technikunternehmen müssen Mitarbeiter Computerprogramme steuern und programmieren können. „Die Nachfrage nach IT-Kenntnissen wird sich quer durch die Volkswirtschaft ziehen“ sagte Stephan Pfisterer, Bildungsexperte beim Internet-Branchenverband Bitkom gegenüber der „Welt“. Darauf müssten Schülerinnen und Schüler vorbereitet werden. lm/Agentur für Bildungsjournalismus

 

Hintergrund zur Studie: Bildungsgrad entscheidet über Potenziale im digitalen Wandel:
Die Digitalisierung verändert grundlegend, wie wir lernen, arbeiten, konsumieren und kommunizieren. Doch nicht mal die Hälfte der Deutschen (47 Prozent) sieht im digitalen Wandel mehr Chancen als Risiken für die Gesellschaft, noch weniger (43 Prozent) bewerten die Folgen als überwiegend positiv für sich persönlich.

Bei der Frage nach persönlichen Perspektiven durch den digitalen Wandel fällt auf, dass Befragte mit Abitur und Studium eher Chancen für sich erkennen (50 Prozent), bei denjenigen mit Hauptschulabschluss sind es dagegen nur 23 Prozent. Befragte mit mittlerem Abschluss erwarten zu fast gleichen Teilen positive (40 Prozent) wie negative Effekte (38 Prozent). Gleichzeitig sieht die Gruppe der Über-60-Jährigen für die Gesellschaft mehr Chancen (41 Prozent), während sie für sich persönlich nur zu knapp einem Drittel positive Erwartungen hat (28 Prozent).

Die Umfrage wurde anlässlich der europaweiten „Code Week“ in Auftrag gegeben, die dem Nachwuchs den Umgang mit digitaler Technik vermitteln soll.

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