Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat mit Blick auf die kommende PISA-Studie zusätzliche Reformen angemahnt, um in Deutschland die Kluft zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen zu verkleinern. «Für jedes Kind müssen die bestmöglichen Lernbedingungen geschaffen werden. Dafür brauchen wir endlich ein sozial gerechteres, inklusives Schulsystem, das mit den notwendigen personellen und materiellen Ressourcen ausgestattet ist», sagte GEW-Chefin Marlis Tepe in Berlin.
Auch 15 Jahre nach dem «PISA-Schock» mit miserablen Ergebnissen deutscher Schüler gehörten trotz Bildungsreformen hierzulande immer noch bis zu 15 Prozent eines Jahrgangs zur sogenannten «Risikogruppe», erläuterte Tepe. «Das sind Jugendliche mit zu wenig Lese-, Schreib- und Rechenkompetenz.» Damit nicht noch mehr Menschen abgehängt werden, etwa die jetzt ins deutsche Bildungssystem kommenden Flüchtlinge, müssten «mehr Ressourcen für alle Bildungsbenachteiligten bereitgestellt werden». Konkret gehe es um gezielte Förderkonzepte für diese Gruppe.
Angesichts der bevorstehenden Veröffentlichung der Bildungsstudien TIMSS und PISA sagte die GEW-Chefin, diese Tests hätten «die Diskussion über Anforderungen und Aufgaben der Schule in Deutschland in Fahrt gebracht». Immerhin seien die Leistungen deutscher Schüler im internationalen Vergleich «Stück für Stück ein bisschen besser geworden», sagte Tepe.
Am 6. Dezember präsentiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Ergebnisse der sechsten PISA-Studie mit gut einer halben Million Teilnehmer, darunter etwa 10 000 Fünfzehnjährige aus Deutschland. Bereits am Dienstag (29. November) werden in Berlin die Resultate der ebenfalls international angelegten Studie TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) für Mathematik und Naturwissenschaften vorgestellt.
Wie PISA-Chefkoordinator Andreas Schleicher am Donnerstag in einem ersten Ausblick auf die neue Studie sagte, sind die Ergebnisse der im Mai 2015 organisierten Tests aussagekräftig wie nie zuvor. Neben den mehr als 500 000 Schülern, die repräsentativ für rund 28 Millionen Mädchen und Jungen der 72 Teilnehmerländer und -regionen ausgewählt wurden, erfasse «PISA 2015» viele weitere Informationen zu den Bildungssystemen. So seien Befragungen von 89 000 Müttern oder Vätern von «PISA-Schülern», 93 000 Lehrern und 17 500 Schulleitern ins Gesamtbild eingeflossen.
Jeder Schüler musste – erstmals auf einer digitalen Plattform – zwei Stunden lang Aufgaben zum Schwerpunkt Naturwissenschaften sowie zu Mathematik, Lesekompetenz und Problemlösungen im Team lösen. Insgesamt rund 530 Aufgaben standen in einem Fragen-Pool zur Verfügung. OECD-Direktor Schleicher versicherte, es seien «Schüler aller Schulformen und Bildungswege» durch «PISA 2015» erfasst worden, eine spezielle Auswahl für bessere Testergebnisse habe es nirgendwo gegeben. Die Studie werde wieder deutlich ausleuchten, inwieweit in einzelnen Ländern Bildungserfolge mit sozialem Hintergrund zu tun haben – dieser Zusammenhang war schon bei «PISA 2000» für Deutschland besonders problematisch. dpa