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Debatte um Rechtschreibung: Grundschullehrer fühlen sich von Eisenmann zu Unrecht kritisiert und werfen ihr Einmischung in die Pädagogik vor

Hat noch Lehrerstellen zu vergeben: Susanne Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Macht Mut: Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

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STUTTGART. Nach dem IQB-Desaster hatte Baden-Württembergs Kultusministerin Eisenmann bereits angekündigt, die Methode „Schreiben durch Hören“ verbieten zu wollen. Ein entsprechender Brief ging nun an die Schulleitungen und Kollegien der Grundschulen. Erneut löste Eisenmann damit Proteste von Lehrerverbänden aus. Auch vom Koalitionspartner, den Grünen, kommt Kritik.

Nach dem schlechten Abschneiden baden-württembergischer Schüler bei den jüngsten Bildungsstudien will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) im Fach Deutsch eine Kurskorrektur. So soll die Rechtschreibung an den Grundschulen wieder mehr Gewicht erhalten. «Richtiges Schreiben ist ebenso wie Lesen und Rechnen eine Schlüsselkompetenz, die wieder gestärkt werden muss», teilte Eisenmann mit. Methoden, bei denen Kinder monate- beziehungsweise jahrelang nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssen, seien nicht mehr zu praktizieren. Ein entsprechendes Schreiben habe sie an die Schulleitungen und Lehrerkollegien aller Grundschulen im Land geschickt. Die Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verbat sich Einmischung der Ministerin in die Arbeit der pädagogischen Profis. «Viele Lehrer der Grundschulen sind empört, dass die Kultusministerin ihnen schlechte Arbeit unterstellt», sagte GEW-Landeschefin Doro Moritz. Kritik kam auch von den Grünen.

Nassforsche Einmischung in die Arbeit der Kollegen an den Grundschulen? Ministerin Eisenmann sieht sich mit stärker werdender Kritik der Lehrerverbände konfrontiert. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Die Ministerin hatte bereits in der Vergangenheit angekündigt, dass sie dem «Schreiben nach Hören» einen Riegel vorschieben wolle. Der Lehrerverband VBE hatte daraufhin einen differenzierten Umgang mit der Methode gefordert. Das Kultusministerium habe keine Handhabe, den weit verbreiteten Ansatz, Kinder schnell zum Schreiben zu bringen, abzuschaffen, hatte der Verband erläutert. VBE-Chef Gerhard Brand betonte aber auch: «Richtig schreiben zu können, ist auch im Zeitalter von Rechtschreibprogrammen auf Computern kein Luxus, sondern zwingend notwendig.»

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Lehrerverband kontert Eisenmann: «Schreiben nach hören» nicht grundsätzlich verdammen

Eisenmann betonte, das gezielte Üben der Rechtschreibung von Anfang an müsse außerdem in jedem Fachunterricht verankert werden. «Wenn korrektes Lernen bereits in der ersten Klasse beginnt, dann hilft dies den Mädchen und Jungen auch an den weiterführenden Schulen, wenn es in Fächern wie Physik oder Chemie um exaktes Arbeiten geht.»

Aus Sicht der GEW sollte Eisenmann die Schulen lieber ordentlich ausstatten als ihre Arbeit zu torpedieren. «Die Grundschulen erhalten zum Beispiel als einzige Schulart keine Poolstunden für zusätzliche Angebote wie Förderunterricht», sagte Gewerkschafterin Moritz. Die Ministerin ignoriere mit ihrem Brief Inhalte des neuen Bildungsplans, bestehende Prüfungsordnungen der Lehrerausbildung und Empfehlungen der – seit kurzem von ihr selbst geleiteten – Kultusministerkonferenz (KMK). Moritz verwies auf Äußerungen der KMK zum Schriftspracherwerb, nach denen das «lautorientierte Schreiben ein Entwicklungsschritt auf dem Weg zum normgerechten Schreiben» ist.

Nach der jüngsten Studie des Instituts für Qualität im Bildungswesen (IQB) sackte der einstige Primus Baden-Württemberg im Ländervergleich auf hintere Ränge ab: Von Platz 2 im Fach Deutsch beim Zuhören rutschten die Neuntklässler im Land auf Platz 14, beim Lesen von Platz 3 auf Platz 13 und bei der Orthografie vom zweiten auf den zehnten Rang. Die Landtags-Grünen betonten: «Die Aufforderung der Kultusministerin, zur Praxis des Bildungsplans von 2004 zurückzukehren, halten wir mit Blick auf die aktuellen Forschungsergebnisse nicht für zielführend.» Der alte Bildungsplan sei schließlich die Grundlage für die Schüler, die an der IQB-Studie teilgenommen hatten. (dpa)

Nach dem IQB-Desaster: Ministerin Eisenmann stellt Qualifikation von Lehrern infrage – und verbietet “Schreiben nach Gehör”

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