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Alarmierend! Mehr als zehn Jahre nach der „Potsdamer Studie“ zur Lehrergesundheit zieht ihr Leiter ein trauriges Fazit – Immer mehr Lehrer senken ihr berufliches Engagement

POTSDAM. Vor mehr als zehn Jahren (2005) wurde die „Potsdamer Lehrerstudie“ zur Lehrergesundheit unter der Leitung von Professor Uwe Schaarschmidt veröffentlicht. Unter anderem in der Zeitschrift „Thüringer Schule“ erklärt er, wie er heute die Situation sieht. Seine Aussagen im Überblick.

Noch einmal zur Erinnerung: Nach Schaarschmidt teilt sich das arbeitsbezogene Verhalten in vier Muster ein.
• Muster G – Gesundheitsmuster, starkes, aber nicht überzogenes Engagement, Belastbarkeit, Zufriedenheit und Wohlbefinden.
• Muster S – Schonhaltung, Zurückhaltung im Engagement bei Widerstandsfähigkeit und relativer Zufriedenheit.
• Risikomuster A – übermäßige Anstrengung bei eingeschränkter Belastbarkeit und eher geringer Zufriedenheit.
• Risikomuster B – Nähe zum Burn-Out, Resignation und chronische Erschöpfung.

2005 ließen sich über 60 Prozent der untersuchten Lehrkräfte dem Risikomuster A zuordnen. Muster S war ebenfalls deutlich vertreten. Das erwünschte Muster G viel zu selten. Heute habe sich die Musterverteilung nicht wesentlich verändert, sagt Schaarschmidt. Die Risikomuster, vor allem unter den älteren Lehrkräften, sind immer noch sehr häufig. Jüngere Pädagogen neigten eher zu Muster S, abnehmend sei leider das erwünschte Muster G. Diese Befunde sollten für alle Entscheider in der Bildungsverwaltung alarmierend sein.

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Psychologe Schaarschmidt hat einige Empfehlungen, wie sich die Situation verbessern lasse. Um stärker an der Motivation der Lehrkräfte zu arbeiten und die psychische Gesundheit im Lehrerberuf zu stärken, sei es notwendig, schon in der Lehrerausbildung situationsnahes Lernen einzubinden, das auf die erfolgreiche Bewältigung berufsfeldbezogener Probleme vorbereite. „Wenn Lehrerinnen und Lehrer mit Ihrem Beruf nicht zurechtkommen, ist fast immer die nicht gelingende Beziehungsgestaltung (vor allem gegenüber den Schülern) eine entscheidende Ursache.“

Eher Motivation für die sprichwörtliche Hängematte statt Engagement macht sich unter der neuen Lehrergeneration breit, sagt Schaarschmidt. (Foto: Stuart/Flickr CC BY 2.0)

Im Berufsalltag sollten, nach Schaarschmidt, drei Schwerpunkte entwickelt werden:
• Der Arbeitsumfang sollte zugunsten einer Konzentration auf die Kernaufgaben reduziert werden. Schaarschmidt sieht dabei Möglichkeiten ebenso von außen – etwa durch die Bildungsverwaltung – sowie in der inneren Organisation der Schule – etwa durch geteilte Unterrichtsorganisation, die Zeit sparen helfe.
• Eine Gestaltung des Unterrichtstags, die nach Phasen der Anspannung, Möglichkeiten der Entspannung vorsieht.
• Kommunikation und Kooperation sollte – vor allem durch die Schulleitung – auf allen Ebenen gefördert werden. Soziale Unterstützung puffere erfahrungsgemäß viele Belastungen des Alltags ab.

Das Fazit, dass Schaarschmidt zieht, lautet dementsprechend: Noch immer bestehe für Lehrerinnen und Lehrer eine problematische Beanspruchungssituation. Soweit sich Veränderungen abzeichnen, stehe die Rücknahme des beruflichen Engagements im Vordergrund. Die Sensibilität und Aufgeschlossenheit für das Thema habe sich aber erfreulicherweise erhöht. Es gebe eine Reihe konkreter Unterstützungsangebote, deren Umsetzung langsam, aber stetig vorangeht. Hier seien Schulpsychologen als Verbündete dringend gefragt. nin

Weitere Informationen

Professor Schaarschmidt hat ein Programm erarbeitet, das Schulen direkt dabei unterstützt, das Potenzial für bessere Arbeitsbedingungen zu erkennen und zu nutzen. Nutzbar ist es von Schulleitungen ebenso wie von jeder einzelnen Lehrkraft. Mehr Informationen unter ichundmeineschule.eu

Literatur

Schaarschmidt, U. & Fischer, A. W. (2013). Lehrergesundheit fördern – Schulen stärken. Ein Unterstützungsprogramm für Kollegium und Leitung. Weinheim: Beltz.

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