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Experten: MINT-Bildung in der Schule geht an den Notwendigkeiten vorbei – alarmierender Mangel an qualifizierten Lehrern

BERLIN/HAMBURG. Deutsche Schüler zeigen nach wie vor wenig Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern. Mit Ausnahme von Mathe stehen MINT-Fächer bei der Leistungskurswahl weit hinten auf der Auswahlliste der Oberstufenschüler – und nur in Indonesien und Dänemark streben noch weniger Jugendliche eine naturwissenschaftliche Karriere an als in Deutschland. Bekannte Klagen, die so auch das MINT-Nachwuchsbarometer der Körber-Stiftung und des Technikwissenschaftsvereins acatech erhebt. Es mangele vor allem an qualifizierten Lehrkräften. Eine Trendwende sei nicht in Sicht.

Der deutschen Wirtschaft geht möglicherweise langfristig der qualifizierte Nachwuchs aus. Während Unternehmen Digitalisierung und technische Entwicklung als bestimmende Wachstumsfaktoren ausmachen, malen Interessenvertreter schwärzeste Bilder. Ende April 2017 fehlten 237.500 Arbeitskräfte in MINT-Berufen (plus 38 Prozent innerhalb eines Jahres), meldet etwa das, meldet etwa das Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Viele junge Menschen würden technische Fächer und Berufe meiden, insbesondere Mädchen. An beruflichen Schulen herrsche ein alarmierender Mangel an MINT-Lehrkräften. Der Anteil der Studienanfängerinnen und -anfänger in MINT-Fächern hat sich mit 39 Prozent kaum verändert.

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Laut dem aktuellen MINT-Nachwuchsbarometer der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und der Körber-Stiftung tragen besonders ein Mangel an zeitgemäßer IT-Ausstattung der Schulen und fehlende Fort- und Weiterbildungen von Lehrkräften dazu bei, dass die Entwicklung in der Bildung hinterherhinkt.

„Digitale Kompetenzen lassen sich mit Tafel und Kreide nur schwer aufbauen. Befragungen von Schülern und Lehrern lieferten allerdings deutliche Fingerzeige dafür, dass an alten Unterrichtsmedien bzw. Vermittlungsmethoden festgehalten werde, obwohl modernere Alternativen bereitstünden.

In Deutschland erwerben Schüler ihr digitales Knowhow weitgehend in der Freizeit“, sagt acatech Präsidiumsmitglied und wissenschaftlicher Projektleiter des Trendreports Ortwin Renn. „Drei von vier Neuntklässlern nutzen zu Hause fast täglich den Computer, aber nur ein Prozent auch in der Schule.“ Auch in den Grundschulen werde zögerlich mit digitalen Mitteln gelehrt: Nur 20 Prozent der 6- bis 8-Jährigen haben regelmäßig Unterricht am PC oder nutzen ihn in Pausen oder Nachmittagsangeboten.

An weiterführenden Schulen sind die Lehrinhalte überwiegend auf Internet-Recherchen (81 Prozent) und die Bedienung von Programmen (73 Prozent) ausgerichtet. Dabei überwögen zudem Programme wie Tabellenkalkulation oder Präsentationssoftware, deren Nutzen direkt mit einem Schulfach verknüpft ist. Technische Grundlagen (36 Prozent) oder das Programmieren einer Website (26 Prozent) werden seltener vermittelt.

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„Wir alle nutzen digitale Medien, blicken aber selten hinter die Benutzeroberfläche. Dabei wird unsere Welt zunehmend durch Programmcodes gesteuert“, sagt Matthias Mayer, von der Körber-Stiftung. Nur Anwendungskompetenzen zu vermitteln, greife daher zu kurz. „Digital mündig werden Schüler erst, wenn sie die Technik in ihrer grundlegenden Funktionsweise sowie ihrer sozialen und ethischen Dimension verstehen.“

Die Herausgeber der Studie fordern eine bessere Qualifizierung der Lehrkräfte, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung im Schulunterricht, zudem den gezielten Ausbau von Angeboten zur Talent- und Motivationsförderung, insbesondere mit außerschulischen Initiativen.

Insgesamt seien die Lehrkräfte keine Technikmuffel, sähen aber Nachholbedarf in der eigenen digitalen Anwendungskompetenz: Nur jeder fünfte wurde im Studium auf den Einsatz digitaler Medien im Unterricht vorbereitet, dahingehend weitergebildet haben sich im Schuljahr 2015/2016 knapp über 50 Prozent.

Eine baldige Trendwende erwarten die Forscher allerdings nicht. Besonders beim Berufsschullehramt setze sich ein alarmierende Abwärtstrend der letzten fünf Jahre fort. Von den Absolventen der beruflichen Fächer entfallen lediglich 20,4 Prozent auf den MINT-Bereich. Die Zahl der Absolventen in den Fächern Informatik und Biologie Biotechnik habe sowohl absolut als auch prozentual an der Gesamtheit aller Fächer abgenommen. (zab, pm)

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