Schon der erste Teil der wissenschaftlichen Arbeit, mit der Schüler von zwölf inklusiv arbeitenden Grundschulen auf Rügen und konventionellen Kontrollgruppen in Stralsund vier Jahre lang von einer Forschungsgruppe der Universität Rostock begleitet worden waren, hatte einen positiven Trend erkennen lassen – wenngleich längst nicht alle Erwartungen erfüllt wurden. Ergebnisse waren laut Bildungsministerium:
- Eine frühzeitige inklusive Förderung bei Lern-, Sprach- und Verhaltensproblemen verhindert bei vielen Schülerinnen und Schülern noch schwerwiegendere Auffälligkeiten, die Häufigkeit von sonderpädagogischen Förderbedarf nimmt durch vorbeugende Hilfen ab.
- Selbst die Kinder mit den schwerwiegendsten Lernschwierigkeiten profitieren von der inklusiven Förderung besser als von einer separaten Beschulung in Förderklassen.
- Die Leistungsstände der Kinder ohne Beeinträchtigungen waren in der inklusiven Schule zumindest genau so gut wie in Vergleichsklassen, ihr Sozialverhalten hatte sich deutlich verbessert.
Mit dem Schuljahr 2014/2015 wurde das Rügener Modell in weiterführenden Schulen auf der Insel fortgesetzt. Hierzu traf das Bildungsministerium mit den beteiligten Schulen eine Zielvereinbarung, nach der sie die wichtigsten Förderelemente des Grundschulkonzepts übernahmen: individuelle Förderung innerhalb des Klassenunterrichts, ein zusätzlicher gezielter Förderunterricht in den Bereichen Lesen, Rechtschreibung und Mathematik, regelmäßige Lernfortschrittsüberprüfungen, Förderung durch Sonderpädagoginnen und -pädagogen für Kinder mit sehr schwerwiegenden Lern- und Entwicklungsrückständen, Förderplanung im Team und arbeitsteilige Umsetzung des Förderplans durch Regel- und Sonderschullehrkräfte. Die nun vorgelegten Daten zeigen laut Ministerium:
- Sowohl die Lese- als auch die Mathematikleistungen der förderbedürftigen Kinder nähern sich dem normalen Leistungsstand von Fünft- und Sechstklässlern an.
- Die Leistungsfortschritte förderbedürftiger Kinder entsprechen in den Bereichen Lesen, Rechtschreiben und Mathematik üblichen Leistungssteigerungen innerhalb eines Schuljahres.
- Allerdings konnte eine kleine Gruppe von Kindern identifiziert werden, bei denen ausreichende Lernfortschritte in einzelnen Förderbereichen ausbleiben. „Diese Fälle sollten weiter analysiert werden, um die Förderung betroffener Kinder weiter zu optimieren“, erklärte Studienleiter Prof. Bodo Hartke.
Wir brauchen jetzt eine breite Debatte über die Inklusion – sonst droht ihr das Schicksal von G8
„Die Lernfortschritte der Rügener Schülerinnen und Schüler belegen, dass das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen gelingt“, sagte Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD). “Die Ergebnisse der Studie bestärken uns daher in der Umsetzung unserer Inklusionsstrategie.“ Nachdenklich stimmten sie allerdings die Ergebnisse über Kinder, die in einzelnen Förderbereichen noch nicht ausreichend von dem inklusiven Fördersystem profitieren. Die Gründe hierfür müssten geklärt werden, um Lösungsansätze zu entwickeln. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus
News4teachers hat das Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern um Auskunft darüber gebeten, welche besonderen personellen Ressourcen den beteiligten Schulen zur Verfügung standen – in der Pressemitteilung des Ministeriums fehlt dazu jeder Hinweis. In einem an die Redaktion versandten Bericht geht hervor: Die weiterführenden Schulen waren im Modellversuch personell durch einen Sonderpädagogen verstärkt worden, der erst nach Ablauf in den Stellenplan der Schule eingegliedert wurde.
Darüber hinaus konnten die Schulen über ein Budget für den Gemeinsamen Unterricht (für alle sonderpädagogischen Förderbedarfe) und den Einzelunterricht (für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung) verfügen, das laut Bericht allerdings allen Schulen des Landes „für die besondere pädagogische sowie sonderpädagogische Förderung zur Verfügung steht“. Darüber hinaus sahen sich dem Papier zufolge die beteiligten Schulen und das Schulamt Greifswald „in der Lage, unter ausschließlicher Nutzung bisher zur Verfügung stehender Ressourcen einen schülerbezogenen Faktor für besondere pädagogische und sonderpädagogische Förderung von 0,32 Lehrerwochenstunden zu realisieren.“ N4t
