Meidinger zeigt sich überzeugt, dass die Saarbrücker Schule kein Einzelfall ist – dass also „an vielen anderen Schulen“ in Deutschland Lehrkräfte ähnlichen massiven psychischen und physischen Bedrohungen ausgesetzt seien. Er betont: „Wir erleben hier auch die Auswirkungen einer verfehlten Inklusionspolitik, die den Schulen ohne Bereitstellung ausreichender Ressourcen aufgedrückt wurde: Förderschulen wurden geschlossen und Lehrkräfte an Regelschulen unvorbereitet mit dieser immensen Herausforderung der Integration von Kindern mit oft schwerwiegenden emotional-sozialen Störungen allein gelassen.“ Auch habe die Politik tatenlos zugesehen, wie sich problematische und besonders förderungsbedürftige Schülergruppen sowie Kinder mit Migrationshintergrund immer stärker an sozialen Brennpunktschulen konzentriert hätten, so Meidinger.
Der DL-Präsident fordert die Politik und die jeweilige Schulaufsicht auf, sich nicht wie bisher häufig wegzuducken, wenn es Hilferufe von Schulen gebe, weil Lehrkräfte bedrängt und bedroht würden und ordentlicher Unterricht kaum mehr möglich sei. Er betont: „Es ärgert mich, wenn viele Schulminister zwar an jeder neuen Modellschule vor Ort präsent sind und ständig Leuchtturmprojekte vorstellen, aber sich gleichzeitig kein Bild davon machen, wie in sozialen Brennpunkten heute vielfach die Schulrealität aussieht.“
Meidinger, selbst Direktor eines Gymnasiums in Bayern, forderte auch die Schulleitungen auf, verstärkt die Zusammenarbeit mit der Polizei zu suchen. „Die Angst mancher Schulleitungen davor, die Polizei bei Vorfällen psychischer und physischer Gewaltandrohung zu rufen, weil man einen langfristigen Imageschaden befürchte, teile ich nicht“, unterstreicht der Verbandschef. Im Gegenteil, nur wenn Lehrkräfte und Schulleitungen sich wehrten, würden sie auch respektiert. Eine große Herausforderung für die Schulen sei es, verstärkt die Eltern in den Erziehungsauftrag mit einzubinden. Das sei aber oft äußerst schwierig.
Neben der besseren Ausstattung von solchen Schulen mit mehr Personal, multiprofessionellen Teams und zusätzlichen Beratungsangeboten fordert Meidinger die Landesregierungen auch dazu auf, Schulen und Lehrkräften mehr rechtlichen Schutz und mehr Möglichkeiten zu geben, dauerhaft aggressive Schüler abzuweisen beziehungsweise nicht aufnehmen zu müssen. Bei der Strafverschärfung für Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter, die der Bundestag im vergangenen Jahr beschloss, blieben Lehrer außen vor. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus