ERFURT. Thüringen übernimmt 2018 den KMK-Vorsitz. Bildungsminister Helmut Holter sieht eine Verrohung der politischen Debatten und beklagt die Erfolge der AfD. Das müsse Konsequenzen für den Schulunterricht haben, fordert der Linke-Politiker und betont: «Wir müssen denen, die eine Anti-Stimmung artikulieren, eine positive Haltung entgegensetzen.»
Jugendliche müssen nach Meinung des Thüringer Bildungsministers Helmut Holter in der Schule mehr über das demokratische System lernen. «Das muss sich wie ein roter Faden durch die Fächer ziehen», sagte der Linke-Politiker auf Anfrage in Erfurt. Andernfalls befürchte er, dass sich das politische Gefüge in Deutschland weiter in Richtung populistischer Parteien wie der AfD verschiebe.
Holter beklagt zudem eine Verrohung der politischen Debatten. Jugendliche müssten lernen, wie politische Auseinandersetzungen geführt und Entscheidungen getroffen werden. So würden sie auch an demokratischen Prozessen wie Wahlen teilhaben. Im Januar übernimmt Holter den Vorsitz der Kultusministerkonferenz (KMK). Demokratiebildung soll ein Schwerpunkt seiner Amtszeit sein.
Als Beispiel für ungenutzte Chancen der Demokratie nennt Holter die Brexit-Abstimmung in Großbritannien. «Diejenigen, die für die Europäische Union waren und gegen den Brexit, sind nicht zur Abstimmung gegangen.» Man müsse seine Meinung jedoch auch ausdrücken, wenn man für etwas sei. «Wir müssen denen, die eine Anti-Stimmung artikulieren, eine positive Haltung entgegensetzen.» Deshalb sollten Jugendliche mehr über demokratische Prozesse lernen – im Geschichts-, Geografie-, Sozialkunde- oder Deutschunterricht.
Holter verweist auf den «Thüringen-Monitor», eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der Thüringer Landesregierung. Diese habe gezeigt, dass 65 Prozent der Thüringer mit der Demokratie an sich zufrieden sind. Dennoch würden Parteien gewählt, deren demokratische Verfasstheit zumindest fraglich sei. Als Beispiel nannte Holter die AfD.
Blick in die Vergangenheit
Anlass für Diskussionen in der Schule könnten nach Ansicht des Ministers beispielsweise die Demonstrationen arabischer Gruppen im Dezember in Berlin sein, bei denen israelische Flaggen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen wurden. Ist das Verbrennen israelischer Flaggen legitim? Darf Kritik am Staat Israel geübt werden? Fragen wie diese müssten in der Schule diskutiert werden.
Die Auseinandersetzung mit dem demokratischen System bedeutet für Holter auch einen Blick in die Vergangenheit. «Das hat alles was mit Geschichte zu tun.» Jugendliche wüssten zu wenig über das 20. Jahrhundert, über die NS-Diktatur, die DDR oder die Ost-West-Konfrontation. Thüringer Schüler hatten zuletzt gefordert, mehr über die DDR zu lernen.
2018 sind nach Angaben des Thüringer Bildungsministeriums gleich mehrere Projekte zur Demokratiebildung geplant. Unter anderem tagt die KMK im April zum Thema Judentum in der Schule, im Herbst sollen Demokratie- und Menschenrechtserziehung diskutiert werden. Holter übernimmt den KMK-Vorsitz von der baden-württembergischen Bildungsministerin Susanne Eisenmann (CDU). dpa