DRESDEN. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sein Kabinett mit vier neuen Ministern vorgestellt. Für eine Überraschung sorgte die zweite Umbesetzung an der Spitze des Kultusministeriums innerhalb von nur acht Wochen: Der parteilose Frank Haubitz, bis vor seiner Berufung an die Spitze des Bildungsressort Schulleiter und sächsischer Landeschef des Philologenverbands, wurde durch den bisherigen parlamentarischer Geschäftsführer und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Christian Piwarz, als neuer Kultusminister ersetzt.
Der erneute Wechsel an der Spitze des Kultusministeriums kam für viele überraschend – so auch für die oppositionellen Grünen. «Dass Frank Haubitz nach nur acht Wochen nicht erneut berufen wird, macht deutlich, wie schwer es Quereinsteiger in der sächsischen CDU-Politik haben», sagte Fraktionschef Volkmar Zschocke.
Haubitz hatte gleich zum Start seines nun abrupt geendeten Engagements für Irritationen bei der Landesregierung gesorgt, weil er sich – offenbar nicht abstimmt mit dem scheidenden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) – in einem persönlichen Brief an die Schulleiter für eine weitgehende Verbeamtung fast aller Lehrer im Freistaat ab 2019 ausgesprochen hatte. Der Sächsische Lehrerverband zeigte sich begeistert, die CDU weniger. Lediglich Neulehrer sollen künftig in Sachsen wieder verbeamtet werden, beschloss die Fraktion in der vorvergangenen Woche. Dass sie sich dabei von Haubitz überfahren fühlte, machte ein Statement von Fraktionschef Frank Kupfer deutlich. Es sei eine schwere Entscheidung für seine Abgeordneten gewesen, erklärte er, weil sie über 27 Jahre lang aus guten Gründen eine Verbeamtung von Lehrern in Sachsen abgelehnt hätten. “Suboptimal”, so nannte Kretschmer den Vorstoß von Haubitz.
“Skandalöser Umgang”
Der neue Ministerpräsident habe den 59-Jährigen Haubitz denn auch jetzt „zur Befriedung der CDU-Fraktion geopfert“, meinte der Vorsitzende des Philologenverbandes, Steffen Pabst. „Wie Berufspolitiker mit einem Experten für Schule und Unterricht umgehen, ist skandalös!“ und trage „sicher nicht zum Abbau der Politikverdrossenheit“ bei. In seiner kurzen Amtszeit habe Haubitz mit seinem «hartnäckigen und konsequenten Einsatz für die Belange der sächsischen Lehrerinnen und Lehrer» und seinen Ideen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs wichtige Impulse im Kampf gegen den Lehrermangel gesetzt. Pabst forderte den neuen Kultusminister Christian Piwarz (CDU) auf, die Vorhaben seines Vorgängers zügig umzusetzen. «Es darf nun kein Zurück in Zeiten sächsischer Selbstgefälligkeit geben», mahnte Pabst.
Haubitz hatte auch an anderer Stellle die Lehrer entlasten wollen – so bei der schriftlichen Bildungsempfehlung, die bislang für jeden Viertklässler verfasst werden muss. Diese Verpflichtung wollte Haubitz streichen. Er gehe davon aus, dass alleine dadurch für jeden Grundschullehrer bis zu zehn Stunden Arbeit entfielen, meinte er. Darüber hinaus wollte Haubitz die Digitalisierung der sächsischen Schulen vorantreiben.
Der neue Kultusminister hat bislang keine Kompetenz in der Bildungspolitik gezeigt – dafür ist Christian Piwarz als parlamentarischer Geschäftsführer und ihr stellvertretender Vorsitzender fest in der CDU-Fraktion verankert. Der 42 Jahre alte Dresdner sitzt seit 2006 im Landtag. Seit 2004 ist der verheiratete zweifache Vater als selbstständiger Rechtsanwalt zugelassen. Vor seiner Abgeordnetentätigkeit war Piwarz ein Jahr lang als Referent in der Staatskanzlei. Von 2003 bis 2009 wirkte er als Vorsitzender der Jungen Union Sachsen und Niederschlesien.
Trotz des Ausscheidens von Haubitz bleibt im schwarz-roten Kabinett Kretschmers eine ehemalige Führungskraft eines Lehrerverbands erhalten: Eva-Maria Stange (60) ist und bleibt Wissenschaftsministerin von Sachsen. Die frühere Lehrerin arbeitete zu DDR-Zeiten im Hochschuldienst bei der Lehrerausbildung. Nach der Wende leitete sie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Sachsen, von 1997 bis 2005 übte sie das Amt als Bundesvorsitzende der GEW aus. Stange ist in der sächsischen SPD eine wichtige Stimme. Sie gilt in ihrem Ressort als ausgewiesene Fachfrau und erwarb sich damit Anerkennung über die Fraktionsgrenzen hinaus. Der ehemalige Philologen-Landesvorsitzende Haubitz bekam diese Chance nicht. N4t / mit Material der dpa
