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Sollen Kinder Programmieren in der Grundschule lernen? Informatikerin: Ja, aber…

Schüler einfach „losprogrammieren“ zu lassen mache wenig Sinn findet Informatikerin Ute Schmid. Foto: Rainer Stropek / flickr (CC BY 2.0)

Schüler einfach „losprogrammieren“ zu lassen mache wenig Sinn findet Informatikerin Ute Schmid. Foto: Rainer Stropek / flickr (CC BY 2.0)

BAMBERG. Der Umgang mit digitalen Medien und Geräten gilt mittlerweile als vierte Kulturtechnik. Doch die Gesellschaft der Zukunft braucht nach Meinung von Experten noch mehr.  In der Schule nur Anwendungskompetenzen zu vermitteln greife zu kurz. In Umfragen sprechen sich auch Eltern und Schüler mehrheitlich für Programmieren als Pflichtfach aus. Die Bamberger Elementarforscherin Ute Schmid verfolgt einen anderen Ansatz.

Programmieren ist „so wichtig wie Lesen und Schreiben“, sagte kürzlich Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt. Sie forderte, das Programmieren in den Lehrplänen von Grundschulen zu verankern. Ähnlich sieht das Ute Schmid, Professorin für Angewandte Informatik an der Universität Bamberg.

Schüler einfach „losprogrammieren“ zu lassen mache wenig Sinn findet Informatikerin Ute Schmid. Foto: Rainer Stropek / flickr (CC BY 2.0) (bearbeitet)

Sie warnt aber davor, ein neues Unterrichtsfach einzuführen und spricht sich stattdessen für die Integration informatischer Lerninhalte in bestehende Fächer wie Mathematik, Kunst oder Deutsch aus. „Durch ein fächerübergreifendes Konzept können die Kinder Informatik als relevante Grundlage für viele Themengebiete erleben“, sagt Schmid. „Zudem könnte man so verhindern, dass die Lehrpläne der Grundschule durch ein weiteres Fach überfrachtet werden.“

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Kinder würden heute immer früher mit digitalen Medien konfrontiert. Bildungseinrichtungen seien entsprechend in der Pflicht, sie nicht allein zu lassen. „Kinder sollten frühzeitig die Gelegenheit haben, zu erfahren, dass Computermedien keine reinen Unterhaltungsmedien sind, sondern Werkzeuge zum kreativen Gestalten,“ so Schmid im Interview.

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Es mache allerdings wenig Sinn, Grundschüler und Vorschüler einfach „losprogrammieren“ zu lassen, ohne konkrete Vorstellungen, welche Lerninhalte vermittelt werden sollten. Aus Sicht von Schmid geht es nicht darum, bestimmte Programmiersprachen zur erlernen. Vielmehr müssten Schüler früh grundlegende Konzepte der Informatik und die Nutzung von Software-Anwendungen verstehen können. Dazu sei eine Verknüpfung mit analogen, begreifbaren Lerneinheiten unabdingbar.

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Um diesen Ansatz zu unterstützen, haben Schmid und ihr Team eine „Experimentierkiste Informatik“ entwickelt. Von der Erprobung an der Mittelschule Burgenbach zeigt sie sich begeistert. Dort werde etwa im Sachkundeunterricht ein Bodenfeuchtigkeitsmessgerät konzipiert und programmiert, bei dem zugleich die Anwendung naturwissenschaftlichen und informatisch-logischen Wissens erforderlich seien.

Die Lehrer vermittelten so digitales Basiswissen, und förderten zugleich das technische Grundlagenverständnis. Mit Hilfe analoger Materialien würden die Lehrkräfte das Programmieren gezielt durch Vermittlung algorithmisch-logischer Konzepte vorbereiten. Es sei beeindruckend zu sehen, wie gut den Kindern der Transfer von einem Problem zu einem neuen gelinge, so Schmidt.

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Damit die Einführung von digitalem Lehren und Lernen in die Grundsschulen gelingen kann, ist für Schmid insbesondere die Vermittlung von Medienkompetenz an Lehrerinnen und Lehrer ein wesentlicher Baustein. Es sei „absolut wichtig“, dass die Lehrkräfte hier nicht alleingelassen werden.

Im Hinblick auf die Mädchen MINT-Förderung sieht die Informatikerin noch Defizite. Oft hätten sie im Elternhaus kaum Gelegenheit, sich mit Technik und Informatik zu beschäftigen und damit keine Chance, eigene Begabungen und Neigungen in diesem Bereich zu entdecken. Vielen Mädchen fehle in diesem Bereich einfach das Selbstbewusstsein.

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Bei Mädchen über 10 Jahren habe sie etwa die Erfahrung gemacht, so Schmid, dass ein Workshop, einmal als reine Mädchenveranstaltung angeboten einen Ansturm auslöse, während der Mädchenanteil beim gleichen Kurs auf 15 Prozent sinke, wenn er im Rahmen einer allgemeinen Veranstaltung angeboten werde. „Dies zeigt uns, dass für ältere Mädchen und gerade in der Pubertät weiterhin spezielle Angebote wichtig sind.“ (zab, pm)

• Das Vollständige Interview mit Ute Schmid auf den Webseiten der Uni Bamberg

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