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Macron lässt Handys an Schulen verbieten – Vorbild für Deutschland?

BERLIN. Schon Erstklässler haben heute oft ein Handy. Tabu sind Smartphones meist nur im Klassenzimmer. Frankreich will die Telefone nun sogar komplett von der Schule verbannen – wohl kein Modell für Deutschland. Auch der VBE spricht sich dagegen aus.

Emmanuel Macron erfüllt ein Wahlkampfversprechen. Foto: Gouvernement français / Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0 fr

Die meisten deutschen Schüler dürfen ihr Smartphone wohl auch in Zukunft mit zur Schule bringen. Ein flächendeckendes, strenges Handyverbot wie in Frankreich stößt bei den Bildungsministern der Bundesländer weitgehend auf Ablehnung. «Ich bin der Überzeugung, dass die Schulen selbst entscheiden sollten, ob es ein partielles oder ein generelles Verbot im eigenen Haus geben soll», sagte der Präsident der Kultusministerkonferenz (KMK), Thüringens Ressortchef Helmut Holter (Linke), am Dienstag in Erfurt.

Die meisten seiner Amtskollegen sehen das ähnlich – unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Hamburgs SPD-Bildungssenator Ties Rabe hält das Vorgehen der Franzosen für «Quatsch», und Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) betont: «So eine zentralstaatliche Vorgabe ist uns fremd.» Auch Lehrer und Eltern wollen das Mobiltelefon nicht komplett aus den deutschen Schulen verbannen – zumindest nicht, solange die technische Ausstattung vielerorts von gestern ist.

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Das französische Parlament hatte am Montag ein sehr weitgehendes Handyverbot für Schulen beschlossen. Die Initiative war ein Wahlkampfversprechen von Präsident Emmanuel Macron. Das neue Gesetz verbietet grundsätzlich die Nutzung von Mobiltelefonen in allen Vor- und Grundschulen sowie in der Sekundarstufe I.

Uneinheitlich geregelt

In Deutschland ist es meist nur untersagt, das Smartphone während des Unterrichts zu verwenden. Eine einheitliche Regelung gibt es allerdings nicht, denn die Schulen fallen – anders als im zentralistisch organisierten Frankreich – in die Zuständigkeit der 16 Bundesländer. Und selbst die Ländern regeln solche Fragen nicht immer zentral per Gesetz, sondern überlassen das den einzelnen Schulen und den dort gültigen Hausordnungen.

Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) spricht sich dafür aus, dass das auch so bleibt: «Die Schulleitungen entscheiden das ganz individuell, was erlaubt und was verboten wird.» Schulen, die Handys etwa für Recherchezwecke gezielt im Unterricht einbauen wollten, sollten auch die Möglichkeit dazu haben. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht das genauso: «Die Schulleiterinnen und Schulleiter wissen am besten, wie sie vor Ort an ihrer Schule mit dieser Frage umgehen.»

Einig sind sich die meisten Bildungspolitiker, der Bundeselternrat und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) darin, dass Handys keine Störungen im Unterricht verursachen dürften und die Schüler auch nicht vom Lehrstoff ablenken sollten. Doch ganz von den Schulen verbannt werden sollen die Mobiltelefone demnach eben auch nicht. Die Schulen seien technisch noch nicht gut genug ausgerüstet, um ganz auf Mobiltelefone zu verzichten, sagt Elternrats-Chef Stephan Wassmuth. Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann bemängelt ebenfalls die größtenteils «steinzeitliche Ausstattung» (siehe Beitrag unten). Daher müssten Lehrer auf die Mittel zurückgreifen, die Schüler mitbrächten.

An Bayern Schulen sind Mobiltelefone derzeit ohnehin nur zu Unterrichtszwecken erlaubt. Ob das so bleibt, wird das kommende Schuljahr zeigen. Dann lässt der bayerische Kultusminister Bernd Sibler (CSU) an den Schulen des Freistaats nämlich mögliche Neuregelungen für eine private Handynutzung testen. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung werden sich die Uhren aber auch in Bayern kaum zurückdrehen lassen. Der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) hält übertrieben strenge Vorschriften deshalb für unrealistisch. «Digitalisierung und die Verwendung mobiler Endgeräte wird nicht vor den Schultoren Halt machen», sagt er. Von Axel Hofmann und Christine Cornelius, dpa

'Scheinlösung': Die Presseerklärung des VBE
Mahnt eine bessere Ausstattung der Schulen an: Udo Beckmann, Vorsitzender des VBE. (Foto: VBE)

BERLIN. „Ein generelles, gesetzliches Verbot hilft uns nicht weiter. Die Schulen brauchen vor allem Regelungen, mit denen Grenzen gezogen werden können, aber gleichzeitig das Erlernen von Medienkompetenz ermöglicht werden kann. Die derzeitige Situation ist: Deutsche Schulen haben größtenteils noch steinzeitliche Ausstattungen, aber die Generation von heute muss auf die Arbeitswelt von morgen vorbereitet werden. Das Versprechen, 5 Milliarden Euro für den Digitalpakt Schule in die Hand zu nehmen, ist fast zwei Jahre alt und noch immer warten die Schulen auf tatsächliche Mittel. Solange die Schulen also nicht entsprechend ausgestattet sind, um mit staatlich finanzierten Geräten Medienkompetenz zu vermitteln, sind wir gezwungen, auf die Medien zurückzugreifen, die die Kinder mitbringen“, kommentiert der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, das Handyverbot an französischen Schulen.

Dass Schülerinnen und Schüler im Unterricht zum Beispiel Nachrichten schreiben und damit stören, sei natürlich nicht hinnehmbar. Der VBE-Bundesvorsitzende weiß, dass es auch Lehrkräfte gibt, die deshalb ein Handyverbot befürworten würden. „Es ist erforderlich, dass es an den Schulen klare Regelungen gibt, wann und zu welchem Zweck Handys eingesetzt werden dürfen. Wird im Schulkodex festgeschrieben, dass das Schreiben von Nachrichten während des Unterrichts nicht gestattet ist, muss es zudem Konsequenzen haben, wenn das passiert. Die Grundlage dafür ist eine verantwortungsbewusste Schulgemeinschaft, eine funktionierende Eltern-Lehrkraft-Erziehungspartnerschaft und auch die Rückendeckung der Schulverwaltung.“

Beckmann meint: „Wir müssen uns frei machen von der Vorstellung, dass man Kinder und Jugendliche fernhalten kann von der Technologie. Deshalb muss es Aufgabe sein, dass sie den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien erlernen und erleben können. Die Lehrkräfte in Deutschland sehen zudem viele Vorteile darin, digitale Endgeräte einzusetzen. Unsere letzte Umfrage hierzu zeigte, dass es 98 Prozent der Lehrer positiv sehen, dass sie mit Computer und Internet Lehrinhalte um aktuelle Informationen ergänzen können, 96 Prozent sehen durch den Einsatz eine höhere Motivation der Schüler und 89 Prozent sagen, dass sich Inhalte und Zusammenhänge mit Hilfe digitaler Medien besser darstellen lassen.“ Zudem betont er: „Um die Generation von heute auf die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten, ist Medienkompetenz zentral. Die Schülerinnen und Schüler müssen nicht nur wissen, wie sie einen Computer bedienen, sondern auch fähig sein, Quellen im Internet nach ihrer Glaubwürdigkeit, Informationsdichte und damit Nützlichkeit für die Beantwortung einer Fragestellung einzuschätzen. Zudem müssen sie lernen, ihre Mediennutzung selbst zu kontrollieren.“

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