BONN. Der frühe Schulstart läuft der physiologischen Entwicklung von Jugendlichen zuwider, denn deren Biorhythmus beginnt sich – meist im Alter von elf bis 12 Jahren – nach hinten zu verschieben. Das wirkt sich bis in ihr Essverhalten aus. Jugendliche neigen physiologisch dazu, abends mehr zu essen als morgens, fanden jetzt Bonner Wissenschaftler heraus. Ein zweites Frühstück könnte Abhilfe schaffen.
„Esse morgens wie ein König, mittags wie ein Fürst und abends wie ein Bettelmann,“ sagt der Volksmund – aber ist da auch etwas dran? Das haben Wissenschaftler der Universitäten Paderborn und Bonn untersucht. Dabei zeigte sich, dass Kinder im Wachstumsverlauf ihre Energieaufnahme vom Morgen in den Abend verlagern. Bei Jugendlichen begünstige diese Präferenz für eine abendliche Energieaufnahme zugleich eine höhere Tagesenergiezufuhr.
Die Tageszeit, zu der wir essen, spiele eine Rolle für die Energiezufuhr, so Tanja Diederichs, Erstautorin der Studie. Viele Stoffwechselprozesse unterlägen einem 24-Stunden-Rhythmus und sind nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit gleich aktiv. Der tägliche Zeitpunkt des Neustarts des 24-Stunden-Rhythmus, das heißt der Chronotyp, sei zudem individuell verschieden und verschiebe sich im Laufe des Heranwachsens deutlich nach hinten.
Als Grundlage dienten die Daten von 262 Probanden der DONALD Studie, die in einer Kooperation zwischen den Universitäten Bonn und Paderborn ausgewertet wurden. Die Analyse von Wiegeprotokollen zeigt, dass Kinder im Wachstumsverlauf ihre Energieaufnahme vom Morgen in den Abend verlagern. Bei Jugendlichen ab elf beziehungsweise zwölf Jahren – nicht aber Kindern – begünstige eine Präferenz für eine abendliche Energieaufnahme zudem eine höhere Tagesenergiezufuhr, berichtet Diederichs.
Ob die Vorliebe für eine abendliche Energiezufuhr bei Jugendlichen auch zu einem höheren Körpergewicht führt, müssten weitere Studien zeigen. „Zur Vermeidung einer hohen Energiezufuhr am Abend ein reichhaltiges Frühstück zu empfehlen, kann jedoch aus den Ergebnissen nicht abgeleitet werden“ so Mitautorin Ute Alexy von der Universität Bonn.
Jugendliche seien jedoch mit dem Problem konfrontiert, dass die frühe Schulstartzeit nicht ihrem physiologisch späteren Chronotyp entspricht, so Alexy weiter. Eine für Schulen bedeutsame Schlussfolgerung aus diesen Befunden zieht schließlich Anette Buyken, Intiatorin der Studie: „Falls sich die Ergebnisse durch andere Studien bestätigen lassen, müssen wir eher über die Anpassung des Mahlzeitenangebotes in Schulen nachdenken, das den Jugendlichen auch Zeit für ein zweites beziehungsweise späteres Frühstück in einer Cafeteria oder Mensa einräumt. (zab, pm)
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