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Eltern schlagen vor: Gute Schüler sollen von Klasse 1 direkt in Klasse 3 springen – bundesweite Debatte um flexiblere Grundschule

? Eltern in Hamburg wollen das für gute Schüler zur Regel machen. Mehr Flexibilität bringe andererseits mehr Zeit für Schüler, die langsamer seien. Eine gute Idee angesichts einer sehr unterschiedlichen Schülerschaft? Der Vorschlag hat jedenfalls eine bundesweite Debatte ausgelöst.

Fixe Schüler sollen die Grundschule schneller durchlaufen können, fordern Hamburger Eltern. Foto:
Junge Tüftler / flickr / CC BY-SA 2.0

Hamburger Eltern wollen Erstklässler, die schon gut lesen und schreiben können, die zweite Klasse überspringen lassen. Die Elternkammer der Hansestadt spricht von einer «flexiblen Schuleingangsphase». Schüler, denen es «ein bisschen schwerer fällt», hätten dann mehr Zeit, sich denselben Lernstoff in drei Jahren anzueignen, sagte die Vorsitzende der Elternkammer, Antje Müller, im NDR. Der Chef der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter, begrüßte den Vorschlag.

Der Linke-Politiker Holter sprach am Dienstag in Erfurt von einem «geeigneten Mittel, um individueller auf jedes Kind eingehen zu können». «Das Modell ermöglicht, die immer größeren Unterschiede im Vorwissen der Schülerinnen und Schüler besser zu berücksichtigen.» So könne sowohl Über- als auch Unterforderung verhindert werden.

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Die Kultusministerkonferenz habe bereits im Jahr 2002 empfohlen, dass die ersten beiden Schuljahre in ein bis drei Jahren durchlaufen werden können, sagte Holter. «Der Unterricht findet dann in jahrgangsgemischten Klassen statt, damit die sozialen Kontakte erhalten bleiben, auch wenn Kinder schneller oder langsamer lernen.» Einige Länder haben die flexible Schuleingangsphase bereits eingeführt und gute Erfahrungen damit gemacht, wie Holter sagte.

Auch Müller von der Hamburger Elternkammer betonte die Vielfältigkeit der Schülerschaft: «Ein Kind, das mit einer guten Lernausgangslage pfiffig, motiviert ist, könnte nach einem Jahr in die Klasse 3 übergehen, während ein Kind, dem es ein bisschen schwerer fällt, das vielleicht Deutschprobleme hat, denselben Lernstoff sich in drei Jahren aneignen könnte.»

Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht den Vorschlag aus Hamburg kritisch. «Vier Jahre Grundschule sind aus meiner Sicht für die Entwicklung der Kinder grundsätzlich sinnvoll und wichtig», erklärte sie. «Es sollte nicht darum gehen, Kinder schnellstmöglich durch die Schule zu schleusen. In Einzelfällen ist der Ansatz aus Hamburg aber durchaus denkbar.»

Pilotprojekt ohne Teilnehmer

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte sich hingegen offen. «Ich finde die Idee sehr gut», sagte er dem NDR. Es gebe tatsächlich Schüler an den Grundschulen, die vom Lernstand her drei Jahre auseinander seien. Allerdings habe er vor fünf Jahren ein solches Pilotprojekt starten wollen, aber keine Grundschule gefunden, die habe mitmachen wollen.

In Schleswig-Holstein etwa gibt es seit 2004 eine flexible Eingangsstufe: Grundschulkinder können dort den ersten und zweiten Jahrgang in ein bis drei Jahren absolvieren. Auch in Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern ist das möglich.

Das Modell «Flexibler Schulanfang» gebe es in Hessen schon seit vielen Jahren, erläuterte ein Sprecher des Kultusministeriums in Wiesbaden. Die Jahrgangsstufen 1 und 2 seien zu einer pädagogischen Einheit zusammengefasst. Alle schulpflichtigen Kinder eines Jahrgangs werden ohne Feststellung der Schulfähigkeit in die Schule aufgenommen und in alters- und entwicklungsgemischten Gruppen unterrichtet.

In Bayern sei das Projekt «Flexible Grundschule» sei 2010 mit 20 Schulen gestartet, mittlerweile nähmen 268 Grundschulen teil, hieß es aus dem Kultusministerium in München. «In der Flexiblen Grundschule in Bayern geben wir jedem Kind genau die Zeit, die es braucht, um sich den Zugang zu elementaren Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu erschließen», teilte Kultusminister Bernd Sibler (CSU) mit. «Damit gelingt es uns besonders gut, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Schulanfänger gerecht zu werden.» dpa

Auch auf der Facebook-Seite von News4teachers ist eine hitzige Debatte zum Thema entbrannt.

Lehrerverbands-Chef Meidinger macht die Grundschulen für die schlechten IGLU-Ergebnisse verantwortlich – er fordert: “Lesen durch Schreiben” verbieten!

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