BERLIN. Nach Ansicht von Kinder- und Jugendkardiologen verschenkt der Schulsport wichtige therapeutische Potenziale. Chronisch kranke Kinder würden zu oft generell vom Sport befreit. Stattdessen sollten verstärkt individuell angepasste Trainingsprogramme zum Einsatz kommen.
Schulsport hätte ein großes Potenzial für Prävention und die Erziehung zu einem gesunden Lebensstil. Aktuell werde der Schulsport allerdings weder den Bedürfnissen gesunder noch denjenigen chronisch kranker Kinder gerecht. Mit deutlichen Worten hat sich der Berchtesgadener Kinderkardiologe und Sportmediziner Richard Eyermann für eine teilweise Neuausrichtung des Sportunterrichts stark gemacht.
„Für chronisch kranke Kinder mit angeborenem Herzfehler, Diabetes Typ I oder Asthma hat Sport eine besondere Bedeutung und sollte integrierter Bestandteil des Therapiemanagements sein“, so Eyermann. Das zeigten Studien zum intensivierten Schulsport ebenso wie Untersuchungen zur Sport- und Bewegungstherapie bei betroffenen Kindern und Jugendlichen.
Körperliche Leistungsschwäche bei Kindern mit solchen Erkrankungen habe ihre Ursache oft in gerade in Sportrestriktion und nicht in der Erkrankung selbst. Körperliches Training könnte dies beheben, so der Experte. Sportverbote hingegen erhöhten die Betroffenheit chronisch kranker Kinder und beeinträchtigten ihre motorische und sozialintegrative Entwicklung.
Für eine verbesserte Einbindung kranker Kinder in den Schulsport seien allerdings Veränderungen sowohl auf medizinischer wie schulischer Seite notwendig. Anstelle genereller Sportverbote sollten etwa Kinderärzte durch regelmäßige, sportmedizinische Gesundheitsüberprüfungen die individuelle Belastbarkeit und Sporttauglichkeit chronisch kranker Kinder beurteilen. Bei Sportfreistellungen sollten möglichst nur Teilfreistellungen ausgesprochen werden, nach dem Motto: Soviel Sport wie möglich und nur so viel Restriktionen wie notwendig.“
Sportlehrer sollten nach Eyermanns Ansicht speziell im kindlichen Präventions- und Rehabilitations-Sport geschult werden, damit sie die ärztlichen Befunde pädagogisch umsetzen könnten. Daneben bedürfe es einer Verbesserung der Kenntnisse von Lehrern in spezieller krankheitsbezogener erster Hilfe.
Generell sollte pädiatrische Sportmedizin bei der Behandlung chronisch kranker Kinder noch stärker in die Kinder- und Jugendmedizin integriert werden, so Eyermann. Es gehe nicht nur darum, chronisch kranke Kinder am Sport teilnehmen zu lassen, sondern Bewegung und Sport als wesentliches Behandlungsprinzip adäquat gezielt in der Therapie einzusetzen. (zab, pm)
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