MAGDEBURG. Das Abitur soll zwischen den Bundesländern vergleichbarer werden. Sachsen-Anhalt kehrt deshalb zu Grund- und Leistungskursen in der Oberstufe zurück. Die Reform kommt nicht überall gut an.
Schüler der gymnasialen Oberstufe können künftig wieder zwischen Kursen auf zwei verschiedenen Leistungsniveaus wählen. Mit der am Dienstag vorgestellten neuen Oberstufenverordnung kehrt Sachsen-Anhalt nach mehr als 15 Jahren zum Modell der Grund- und Leistungskurse zurück. Vorgesehen sind zwei Fächer auf erhöhtem Anforderungsniveau mit je fünf Wochenstunden sowie vier dreistündige Kurse auf grundlegendem Niveau, wie Bildungsminister Marco Tullner (CDU) erläuterte. Die neue Oberstufenverordnung soll ab dem Schuljahr 2019/2020 gelten.
Ziel sei, das Abitur bundesweit vergleichbarer zu machen, sagte Tullner. Mit der Neugestaltung folgt das Land Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK). Egal in welchem Bundesland ein Schüler seinen Abschluss mache, die Standards seien künftig deutlich vergleichbarer, sagte der Tullner. Gymnasien müssten einerseits eine breite Allgemeinbildung vermitteln, andererseits aber auch die Spezialisierung für den weiteren Berufsweg zulassen. Die neue Oberstufenverordnung nehme beides in den Blick.
Derzeit gibt es in sechs Fächern je vier Unterrichtsstunden pro Woche. Bei der Abiturprüfung wird aber trotzdem nach Leistungsniveau unterschieden. Lehrer müssen innerhalb ihres Unterrichts eine Differenzierung vornehmen. Die Bildungsgewerkschaft GEW und der Philologenverband, der die Interessen der Gymnasiallehrer vertritt, begrüßten deshalb die Rückkehr zum leistungsdifferenzierten Unterricht. Den Lehrern erleichtere das die Arbeit, sagte GEW-Sprecher Alexander Pistorius.
Die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden soll sich durch die Neuregelung nicht verändern. Zu den sechs Kernfächern gehören Deutsch, Mathematik, eine Fremdsprache, Geschichte, eine Naturwissenschaft sowie wahlweise eine zweite Fremdsprache oder eine zweite Naturwissenschaft. Hinzu kommen sechs Fächer, die zweistündig pro Woche unterrichtet werden.
Licht und Schatten
GEW und Philologenverband kritisierten, die Reform habe Licht und Schatten. Im Bereich der Kernfächer bedeuteten die Änderungen eine Reduzierung der Wochenstunden von 24 auf 22, rechnete der Vorsitzende des Philologenverbands, Thomas Gaube, vor. «Das kann nicht gut sein, das ist ein Rückschritt», sagte der Schulleiter eines Gymnasiums in Halle. Die neue Oberstufenverordnung trage zwar der Chancengleichheit der Schüler aller Bundesländer Rechnung, es bestehe jedoch die Gefahr einer «Korrektur nach unten».
Gaube rechnet zudem mit neuen Personalproblemen an den Schulen. Die Einführung eines zusätzlichen zweistündigen Kurses führe zu einem deutlichen Mehrbedarf an Lehrern, weil die Kurse kleiner würden und bislang seltener gewählte Fächer wie Informatik, Astronomie oder Rechtskunde häufiger angeboten werden müssten. Der Philologenverband hat bis 2021 einen Mehrbedarf von 72 Lehrerstellen errechnet. Das Bildungsministerium rechnet mit 65 zusätzlich nötigen Stellen. Durch die bereits geplanten Neueinstellungen werde man das auffangen können, argumentierte Tullner.
Die GEW beklagt zudem, es sei versäumt worden, die Zahl der Prüfungen im Abitur zu reduzieren. Statt bislang fünf hält die Gewerkschaft vier Prüfungen für ausreichend. Angesichts der angespannten Personalsituation könne das die Lehrer bei der Korrektur entlasten, sagte Pistorius. Von Simon Ribnitzky, dpa
