KIEL. Das Vollverschleierungsverbot in Lehrveranstaltungen an der Kieler Universität ist nach Auffassung der Anti-Diskrimierungsbeauftragten des Landes ohne Rechtsgrundlage. «Das vorliegende Verbot per Richtlinie ist nach meiner Bewertung so nicht haltbar», sagte Samiah El Samadoni am Freitag in Kiel. Auch an den Schulen Schleswig-Holsteins soll ein Vollverschleierungsverbot erlassen werden, hatte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) unlängst angekündigt.
«Rechtlich ist ein Verschleierungsverbot als Eingriff in die Religionsfreiheit nach Artikel 4 Grundgesetz tatsächlich nur durch oder aufgrund eines Gesetzes möglich», erläuterte El Samadoni. Beispielsweise enthalte das bayerische Hochschulgesetz eine solche Regelun. Aber in Schleswig-Holstein fehlt ein solches Gesetz – und es ist äußerst fraglich, ob die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen ein solches erlassen würde.
Die Anti-Diskriminierungsbeauftragte betonte außerdem, sie könne die Argumentation der Uni für das nach einem Einzelfall erlassene Verbot nicht nachvollziehen. Begründet wurde die Richtlinie mit der Einschränkung der für die Lehre erforderlichen offenen Kommunikation durch den Gesichtsschleier. Nach Ansicht des Uni-Präsidiums beruht diese nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern auch auf Mimik und Gestik. Gerade in Vorlesungen sei die Kommunikation aber fast immer frontal und einseitig, sagte El Samadoni. Eine mündliche Leistung der Studierenden werde auch anders als in der Schule nicht benotet.
Fraglich sei auch, ob ein Einzelfall wie an der Kieler Uni Anlass für eine gesetzliche Regelung sein sollte oder ob nicht andere Lösungswege durch den Dialog gefunden werden könnten. Eine zum Islam konvertierte Studentin hatte in einer Lehrveranstaltung einen Nikab getragen, bei dem lediglich die Augen der Trägerin sichtbar bleiben. El Samadoni kritisierte, der Streit um ein Verbot biete eine öffentliche Plattform für unterschiedlichste Interessengruppen, denenen es lediglich um eine Eskalation der Auseinandersetzung gehe.
Bildungsministerin Prien hatte das Verbot der Uni zum Anlass genommen, ihrerseits ein Vollverschleierungsverbot für Schulen anzukündigen. Einen Fall an einer Schule in Schleswig-Holstein gibt es aber nicht. News4teachers / mit Material der dpa
