NÜRNBERG. Nach der Wahl einer 17-jährigen Gymnasiastin mit indischem Vater zum neuen Nürnberger Christkind sorgen rassistische Kommentare im Internet für Empörung. Vorneweg: die AfD. Auf Facebook postete beispielsweise der AfD-Kreisverband München-Land das Bild der Schülerin und schrieb darüber in Anspielung auf die Ausrottung der Ureinwohner Amerikas: „Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen.“ Die Hetze hat allerdings auch einen „Lovestorm“ ausgelöst – Tausende von Menschen bekundeten im Netz ihre Solidarität mit der Jugendlichen.
Nürnberg hat ein neues Christkind: Die 17-jährige Benigna Munsi setzte sich in der Endausscheidung gegen fünf weitere Bewerberinnen durch, wie die Jury bekanntgab. Wer die Schülerin des Nürnberger Labenwolf-Gymnasiums auf Fotos nach ihrer Kür sieht, weiß sofort, warum: mit strahlendem Lächeln springt sie in die Luft – sie verkörpert Lebensfreude pur. Eine bessere Werbeträgerin als dieses Mädchen wird Nürnberg kaum finden können. Zumal Benigna Munsi Katholikin ist. Wie die Stadt Nürnberg mitteilt, singt sie im Kinder- und Jugendchor in der Kirchengemeinde St. Bonifaz. In der Gemeinde engagiert sie sich zudem seit zwölf Jahren als Ministrantin. Sie spielt Oboe. Nach zwölf Jahren Ballettunterricht und zwei Jahren Turnen entdeckte sie unlängst eine neue Sportart für sich: Fußball.
Das alles prädestiniert sie für die nun anstehende Aufgabe, nämlich den weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt von der Empore der Nürnberger Frauenkirche aus zu eröffnen. Benigna zeigte sich nach der Wahl entsprechend überwältigt: „Es ist unbeschreiblich. Ich bin megaglücklich. Alle Kandidatinnen waren gut. Es hätte jede werden können.“ Die gebürtige Nürnbergerin spricht laut ihrer Mutter neben Deutsch und Englisch auch Portugiesisch und Spanisch.
Hoffentlich erhält sich das Mädchen seine Lebensfreude. Denn sofort nach seiner Kür wurde versucht, im Internet einen rassistischen Shitstorm zu entfachen – vorneweg: die AfD. Auf Facebook postete der AfD-Kreisverband München-Land das Bild der 17-Jährigen und schrieb darüber in Anspielung auf die Ausrottung der Ureinwohner Amerikas: „Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen.“
Doch mit den meisten Reaktionen dürften die Verantwortlichen nicht gerechnet haben. Denn in kurzer Zeit verteidigten Tausende von Menschen die Gymnasiastin und stellten sich hinter sie. „Dank der AfD hat das Nürnberger Christkind wahrscheinlich heuer so viele Fans wie noch nie“, schrieb beispielsweise ein Nutzer auf Twitter. „Danke Nürnberg für dieses Zeichen! So stelle ich mir den Geist der Weihnachtszeit vor!“, meinte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz.
Inzwischen hat die AfD München-Land ihren Beitrag kommentarlos gelöscht. Die Kreisvorsitzende Christina Specht erklärte auf Anfrage, der Beitrag entspreche nicht den Werten der AfD und sei von einem Redakteur des Kreisverbands eigenmächtig gepostet worden. Dieser sei inzwischen zurückgetreten. „Solche Inhalte teile ich definitiv nicht. Ich möchte mich im Namen des Kreisverbands bei Frau Munsi entschuldigen. Wir finden, dass sie ein sehr gutes Christkind für Nürnberg sein wird“, so Specht. Als Konsequenz aus dem Posting gelte nun im Kreisverband bei Kommentaren in sozialen Netzwerken im Internet ab sofort das Vier-Augen-Prinzip, sagte Specht.
Der Beitrag soll nicht den Werten der AfD entsprechen? Auch aus anderen AfD-Zirkeln wurde mit bösartigen Veröffentlichungen auf die Wahl der 17-Jährigen reagiert. So postete die AfD aus dem nordrhein-westfälischen Marl: „Das neue Nürnberger Christkind heißt Benigna Munsi. Auch wenn das ‚Christkind‘ auf den Bildern eigentlich immer nur goldenes Haar besitzt, schicken wir einen herzlichen Glückwunsch von der #AFDMarl nach Nürnberg“, schrieb der Stadtverband gallig auf Facebook, wie der “Merkur” berichtet. Aber auch hier gab es viel Widerspruch. „Was soll einem an so viel sinnlosem Hass gegen einen jungen Menschen, Christin, gefallen?!“, kommentiert einer den Spruch.
“Habt ihr es so nötig?”
Wenige Stunden später reagierte die AfD laut Bericht beleidigt: „Mit so einer enormen Resonanz hätten wir nicht gerechnet, schön, dass man unsere Beiträge liest. Eventuell auch mal ein gefällt mir hinterlassen.“ Das kam allerdings auch nicht gut an. Eine Leserin kommentierte: „Habt ihr es so nötig, verzweifelt nach ‚Gefällt Mir‘ zu betteln? Das amüsiert mich sehr. Das einzige, was wieder unter Beweis gestellt wird, ist das Battle zwischen den AfD-Seiten, sich online gegenseitig an Lächerlichkeit zu überbieten.“
Auch Reinhard Rupsch von der AfD Münster versuchte sich daran, die rassistische Empörungsmaschine im Netz in Gang zu bringen – „ein ‚Christkindl‘ dem man die fremde Kultur an der Nasenspitze ansehen kann, ist ein Schlag ins Gesicht aller Freunde von Tradition und gewachsener Kultur“, so postete er auf Twitter. Auch dieser Post wurde nach kritischen Reaktionen schnell zurückgezogen. News4teachers / mit Material der dpa
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