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Deutsche Lehrer an der Spitze – beim Einkommen. Und bei der Arbeitsbelastung

BERLIN. Deutschland bietet gute Voraussetzungen für den Einstieg in den Lehrerberuf – meint Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) mit Blick auf aktuelle Daten aus dem OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“. Danach verdienen deutsche Lehrkräfte im internationalen Vergleich am zweitmeisten. Wenn man allerdings auf die Arbeitsbelastung schaut, sieht der Lehrerberuf in Deutschland schon weniger attraktiv aus.

Das Einkommen von Lehrerinnen und Lehrern in Deutschland ist vergleichsweise gut, aber… Foto: Shutterstock

Die OECD hat in dieser Woche ihren Bericht “Bildung auf einen Blick” vorgelegt – und dabei auch zentrale Daten zur Bildungsfinanzierung im internatioinalen Vergleich erhoben. So verdienen deutsche Grundschullehrer beim Berufseinstieg umgerechnet 63.000 Dollar im Jahr – nur in Lichtenstein verdienen Grundschullehrer zu Beginn ihrer Karriere mehr. Der Durchschnitt der Industrieländer beträgt lediglich 34.000 Dollar. In der Sek II lägen die Gehälter mit gut 91.000 Dollar sogar an der Spitze, rechnet Karliczek vor.

Was die Bundesbildungsministerin allerdings nicht thematisiert: Beim Vergleich der Arbeitszeit der Lehrkräfte zeigt sich, dass die Jahresarbeitszeit für Lehrkräfte in Deutschland mit 1756 Arbeitsstunden erheblich über dem OECD-Mittelwert der Lehrkräfte für die Sekundarstufe 1 mit 1563 Stunden liegt. „Daraus folgt: Senken Sie für die gute Qualität unserer Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern die Unterrichtsverpflichtung und die Zusatzaufgaben der Lehrkräfte”, fordert Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, die Bildungsminister der Länder auf.

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Die Lehrergehälter fließen in die Bildungsausgaben eines Staates ein. Und auch hier ist das Bild für Deutschland nicht mehr so positiv, wie es die Bundesbildungsministerin zeichnet: In Deutschland liegen die Bildungsausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) unter dem OECD-Schnitt von 4,9 Prozent. 2017 gab die Bundesrepublik dem Bericht zufolge nur 4,2 Prozent des BIP für Kitas, Schulen und Hochschulen aus.

„Auf dem Dresdener ‚Bildungsgipfel‘ haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten 2008 vereinbart, ab 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Bildung und Forschung zu investieren. Sieben Prozent in Bildung und drei in Forschung. Von diesem Ziel sind wir immer noch weit entfernt“, erklärt GEW-Chefin Marlis Tepe. Sie rechnet vor: Würde Deutschland wie Norwegen 6,6 Prozent des BIP ausgeben, stünden jährlich fast 78 Milliarden Euro mehr für die Förderung junger Menschen zur Verfügung.

Lehrer- und Erziehermangel wird zur Achillesferse des Bildungswesens

„Die Finanzierung der Bildungseinrichtungen hat mit der wirtschaftlichen Entwicklung und den wachsenden Aufgaben der vergangenen Jahre nicht Schritt gehalten. Im Vergleich zur ersten Hälfte der 2010er-Jahre ist der Anteil am BIP sogar gesunken. Bildung bekommt nicht die notwendige Wertschätzung. Das widerspricht der Rhetorik der Politikerinnen und Politiker, die immer wieder den hohen Stellenwert der Bildung für die Gesellschaft betonen“, sagt Tepe. Und das bekommen beispielsweise Grundschullehrkräfte zu spüren, die in vielen Bundesländern noch immer auf die finanzielle Gleichstellung mit ihren Kolleginnen und Kollegen am Gymnasium warten.

Das hat Folgen. Die niedrigeren Gehälter machen sich in wachsenden Personalproblemen  in den Grundschulen bemerkbar. Für Kitas gilt Ähnliches. „Der Fachkräftemangel an Schulen und Kitas, den die Länder zu verantworten haben, erweist sich zunehmend als Achillesferse des deutschen Bildungswesens“, meint Tepe. „Bereits 2017 konnten die Länder viele Stellen nicht mit entsprechend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern besetzen. Seitdem ist der Mangel beispielsweise an Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern deutlich gewachsen.“

Ein inklusives System und hoch qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen seien aber die Voraussetzung, das Kardinalproblem der Bildung in Deutschland zu lösen: Die enge Kopplung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft sowie die Gruppe von gut 20 Prozent sogenannter Risikoschülerinnen und -schüler, deren Lese- und Rechenkompetenzen nicht ausreichen, um in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Das hänge eben auch mit zu niedrigen Bildungsausgaben zusammen.

Bildungsfinanzierung hinkt hinter der wirtschaftlichen Entwicklung hinterher

Im internationalen Bildungsvergleich erfolgreiche Länder seien in der Vergangenheit einen anderen Weg gegangen, so Tepe. Sie hätten ihre Bildungsausgaben absolut und relativ zu ihrer Wirtschaftskraft deutlich gesteigert, wie die regelmäßig erscheindende OECD-Studie Jahr für Jahr belege. Deutschland müsse seine Chance nutzen, die Quantität und vor allem die Qualität des Bildungswesens zu verbessern, um den wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden. „Der Gesellschaft ist in der Corona-Pandemie deutlich geworden, woran es in der Bildung fehlt. Nun muss die Politik im Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen handeln, statt sich gegenseitig zu blockieren“, fordert die GEW-Chefin.

Zumindest in diesem Punkt stimmt Philologen-Chefin Lin-Klitzing zu. Die sagt: „Unser Ziel muss weiterhin die notwendige und bessere Finanzierung unseres Bildungssystems sein.“ News4teachers

Hier lässt sich eine Zusammenfassung des Berichts vom Bundesbildungsministerium und von der KMK herunterladen.

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