Der coronabedingt ausgefallene Schwimmunterricht an Schulen muss nach Ansicht von Fachleuten nachgeholt werden. «Das Recht haben die Kinder», sagte der Geschäftsführer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Sachsen-Anhalt, Holger Friedrich, in Halle. Jedes Jahr gebe es Jungen und Mädchen, die in den Gewässern ertrinken würden. Vor diesem Hintergrund sei der verpflichtende Schwimmunterricht in der Grundschule besonders wichtig. Nach Angaben des Bildungsministeriums von Sachsen-Anhalt sollen dort die ausgefallenen Stunden nachgearbeitet werden – manche aber erst ein Jahr später.
In Sachsen-Anhalt sei Schwimmunterricht in der Grundschule für alle Kinder ein Jahr lang gesetzlich vorgesehen, erklärte Friedrich. Daher brauche es gute Konzepte, damit die Kinder die wegen der Corona-Krise im zweiten Schulhalbjahr verpassten Schwimmstunden nachholen könnten.
Lerngruppen werden auf die maximale Anzahl von 16 Kindern aufgestockt
Erste Lösungen seien bereits da, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Stefan Thurmann, in Magdeburg. Die Schüler und Schülerinnen der zweiten und dritten Klassenstufen würden den Unterricht bereits zum Teil bis zu den Oktoberferien nachholen. Zudem sei geplant, in den letzten Monaten vor den Sommerferien des kommenden Jahres weitere Stunden anzubieten – «als Schwimmlager», so Thurmann.
«Darüber hinaus werden die aktuellen Lerngruppen, dort wo möglich, auf die maximale Anzahl von 16 Kindern aufgestockt», erklärte der Ministeriumssprecher weiter. In einigen Schwimmhallen würden die regulären Öffnungszeiten derzeit nicht gelten, so dass vormittags das Schulschwimmen möglich sei. «Natürlich hat das auch finanzielle Folgen, da mehr Bahnen auch mehr Bahnmiete impliziert», so Thurmann. Konkrete Angaben gab es dazu aber nicht.
Die Kinder, die zum Schuljahresende in der vierten Klassenstufe waren, konnten den Schwimmunterricht nicht mehr in der Grundschulzeit machen. «Derzeit wird die Schwimmfähigkeit auch der fünften Klassen erhoben», sagte der Ministeriumssprecher. Aussagen über mögliche Defizite sollen laut Ministerium im Herbst vorliegen.
Viele Eltern werden selbst aktiv – das Problem: Es gibt zu wenige Angebote
Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sachsen-Anhalt habe es zum Schulstart ein Sorgentelefon gegeben, erklärte GEW-Sprecher Alexander Pistorius. Auch zum Schwimmunterricht seien Fragen gestellt worden. Unter anderem ging es um Hygienekonzepte. Das Thema Schwimmen werde von den Eltern und Lehrkräfte in der Regel ernst genommen, so Pistorius.
«Viele Eltern warten gar nicht auf die dritte beziehungsweise vierte Klasse», erklärte Friedrich. Sie würden selbst aktiv werden und ihre Schützlinge bereits früher in einem Schwimmkurs anmelden. «Jeder ist um die Sicherheit der Kinder besorgt», so der DLRG-Geschäftsführer. Doch es gebe ein Problem: Die Nachfrage sei oft größer als die vorhandenen Kursangebote, so der DLRG-Chef.
«Wir haben in Sachsen-Anhalt zwar ein vergleichsweise dichtes Netz an Schwimmvereinen», erklärte Friedrich. Jedoch fehlten mancherorts die Schwimmhallen – vor allem im ländlichen Raum. «In den letzten 20 Jahren haben etwa 100 Bäder in Sachsen-Anhalt geschlossen», so der DLRG-Geschäftsführer. Somit fehlten auch Becken für den Unterricht. dpa
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