BERLIN. Unter Deutschlands Schuldirektoren und -rektoren steigt in der Corona-Krise laut einer Umfrage die Unzufriedenheit, während gleichzeitig die Arbeitsmotivation sinkt. Nur noch 24 Prozent der Schulleitungen üben ihren Beruf «sehr gerne» aus, wie eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstitutes Forsa im Auftrag des VBE zeigt. Bei der letzten Befragung zum Beginn der Corona-Krise im März waren es noch 42 Prozent, 2019 sogar 58 Prozent. Die Ergebnisse der Studie wurden im Rahmen des Deutschen Schulleiterkongresses (DSLK) vorgestellt, der aktuell digital stattfindet.
„Die Formel ist so einfach wie bedrückend: Zu viele Aufgaben in zu wenig Zeit lassen die Zufriedenheit der Schulleitungen bei der Erfüllung von Aufgaben sinken und damit auch ihre Motivation“, sagt VBE-Bundesvorsitzender Udo Beckmann. Hinzu kommt, dass sich die Schulleitungen weniger unterstützt fühlen. Die schlechte Note für die Bildungspolitik, nämlich im Schnitt eine 3,9, ist nicht nur verdient, sondern selbst provoziert!“ Anlässlich des digital stattfindenden Deutschen Schulleiterkongress vom 26. bis 28. November 2020 hatte der VBE die repräsentative Umfrage unter Schulleitungen in Auftrag gegeben, für die im Oktober und November 2020 bundesweit 785 Schulleitungen allgemeinbildender Schulen befragt wurden. Einige Aspekte können direkt mit Befragungen der Vorjahre verglichen werden.
“Wir brauchen eine spürbare Entlastung der Schulleiterinnen und Schulleiter”
Beckmann bilanziert: „Die Ergebnisse sind ein Armutszeugnis für die Politik, die dafür zuständig ist, Schulleitungen zu unterstützen und nur so viele Aufgaben an sie zu geben, wie auch bewältigt werden können. Stattdessen wird seit Jahren immer nur draufgesattelt. Das rächte sich schon vor, aber gerade während der Corona-Pandemie.“ Er fordert: „Für jede neue Aufgabe muss auch transparent gemacht werden, was dafür gelassen, verschlankt oder delegiert werden kann. Wir brauchen eine spürbare Entlastung durch Schulleitungsteams, Verwaltungsfachkräfte und die Möglichkeit, eigenverantwortlich innerhalb eines Rahmens kreative Lösungen umzusetzen.“
Im Einzelnen zeigen die Ergebnisse der Umfrage:
- Fast keine Schulleitung (3 %) kann alle Aufgaben in der ihr zur Verfügung stehenden Leitungszeit bewältigen. Ein Viertel der Befragten gibt an, maximal die Hälfte der Aufgaben zu schaffen.
- Der Anteil derer, die ihre Aufgaben häufig zu ihrer eigenen Zufriedenheit erfüllen können, sank von 73 Prozent (Beginn 2019) über 67 Prozent (Beginn 2020) auf aktuell 60 Prozent. Dafür sagen doppelt so viele Befragte, ihre Aufgaben nur gelegentlich zur eigenen Zufriedenheit erfüllen zu können (2019: 17 %, jetzt: 34 %).
- Die Motivation, zur Arbeit zu gehen, sinkt deutlich. Im Vergleich zu 2019 hat sich der Anteil derer, die „sehr gerne“ zur Arbeit gehen, mehr als halbiert (2019: 58, jetzt: 24 %). Dafür steigt der Anteil an Personen, die eher oder sehr ungerne zur Arbeit gehen, von 4 auf 27 Prozent.
- Die Unterstützung durch andere wird allgemein als etwas geringer wahrgenommen. Deutlich ist dies im Vergleich zum Jahresbeginn vor allem bei den Eltern (um 11 Prozentpunkte geringer: 45 %), den Schülerinnen und Schülern (um 15 Prozentpunkte geringer: 44 %) und insbesondere der Schulaufsicht (um 21 Prozentpunkte geringer: 32 %).
Auch erhoben wurde die aktuelle Ausstattungslage der Schulen. Positiv überraschend: An mittlerweile 83 Prozent der Schulen gibt es intakte Sanitäranlagen. Beckmann sagte dazu: „Die Aufmerksamkeit, die diesem Thema in den letzten Jahren zugekommen ist, hatte bisher nicht ausgereicht. Die notwendigen Hygienemaßnahmen im Rahmen der Pandemie sorgten nun aber für Verbesserung. So gaben immerhin 6 Prozent mehr Schulleitungen an, dass sich der Zustand seit Beginn der Pandemie verändert hat.“
Immer noch zu wenig Tablets und PCs an Schulen
Doch trotz einer durchschnittlichen Veränderung um 6 Prozent auch bei anderen Ausstattungsmerkmalen, zeigt sich, dass es nach wie vor nur an 6 Prozent der Schulen digitale Endgeräte für alle Schülerinnen und Schüler gibt, an 13 Prozent der Schulen Endgeräte für alle Lehrkräfte und nur 15 Prozent der Schulleitungen über eine hinreichende Vorbereitung der Lehrkräfte durch Fortbildungen berichten. „Der vielfach gepriesene ‚Hybridunterricht‘ wird nicht flächendeckend stattfinden können. Es gibt jetzt an 40 Prozent der Schulen in allen Räumen WLAN und an der Hälfte der Schulen einen Anschluss an das Breitbandnetz. Das hat unmittelbar etwas damit zu tun, dass „vor Corona“ jede dritte Schule Gelder aus dem Digitalpakt erhalten hat und dies jetzt zwei von drei Schulleitungen berichten. Von einem Digitalschub zu sprechen, bleibt trotzdem fehl am Platz. Die Defizite der Vergangenheit beherzt und konstruktiv anzugehen, ist nicht Kür, sondern Pflicht der Politik!“, betont Beckmann.
Der VBE ist Mitveranstalter des Deutschen Schulleiterkongresses (DSLK), der am gestrigen Donnerstag gestartet ist und bis morgen läuft. Rund 1.700 Schulleitungen beteiligen sich in dem interaktiven Tool „Xircus“ an dem Kongress, der damit zum größten digitalen Bildungskongress in Deutschland avanciert. Ursprünglich war ein Präsenztreffen in Düsseldorf vorgesehen, das aufgrund der Corona-Pandemie allerdings umgewandelt werden musste. News4teachers / mit Material der dpa
