STUTTGART. Die Entscheidung über den Weiterbetrieb der Schulen fällt in Baden-Württemberg erst wenige Tage vor dem vorgesehenen Ende des harten Lockdowns am 11. Januar. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) teilte am Dienstag in Stuttgart mit, dass man die Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 5. Januar abwarten wolle. «Unser grundsätzliches Ziel ist, so viel Präsenzunterricht wie möglich anzubieten», erklärte die Ministerin. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Leopoldina für den Unterricht sind für die grün-schwarze Koalition nach wie vor kein Thema.
Eisenmann, die sich kürzlich mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zum Thema Schulen beraten hatte, betonte: «Der Lernerfolg ist im Präsenzunterricht am größten. Zudem dürfen wir soziale und psychologische Aspekte nicht vergessen. Schule gibt Kindern und Jugendlichen gerade in der schwierigen Pandemiesituation Struktur und Halt.» Das Ministerium bereite ein Konzept für den Wiedereinstieg nach dem 10. Januar vor. «Dieses Konzept soll ein flexibles Handeln ermöglichen, je nach regionaler Infektionslage und nach Alter der Kinder.» Dies habe sie den Schulen in einem Schreiben mitgeteilt.
Eisenmann will die Schulen wieder weit öffnen, “wenn es verantwortbar ist” – aber was bedeuetet das?
„Wir wollen wieder zu einem Unterricht in der Präsenz zurückzukehren, sobald dies verantwortbar ist“, so heißt es darin. „Leider kann ich lhnen aber heute noch keine konkreteren Informationen geben. Wir müssen die weitere Entwicklung des Pandemiegeschehens in den Weihnachtsferien abwarten.“ Was „verantwortbar“ bedeutet, erklärt Eisenmann in dem Schreiben nicht – das Robert-Koch-Institut empfiehlt einen Inzidenzwert von 50, ab dem Wechselunterricht in kleinen Lerngruppen mit Abstandsregel sowie eine Maskenpflicht im Unterricht gelten sollten. Der Inzidenzwert für Baden-Württemberg liegt aktuell (22. Dezember) im Schnitt bei 207,8.
Die Nationalakademie Leopoldina hatte in einer Stellungnahme Anfang Dezember, an der auch RKI-Präsident Prof. Lothar Wieler sowie Charité-Chefvirologe Prof. Christian Drosten mitgearbeitet hatten und die dann zur wissenschaftlichen Grundlage für den aktuellen Lockdown wurde, gefordert, für den Wiederbeginn des Unterrichts ab dem 10. Januar 2021 sollte in allen Bundesländern das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Unterricht für alle Jahrgangsstufen verpflichtend sein. Zudem sollten ländereinheitliche Regeln für den Wechselunterricht ab der Sekundarstufe erarbeitet werden, die ab einer bestimmten Inzidenz greifen. (News4teachers berichtete über die Stellungnahme der Leopoldina.) Auch diesen Empfehlungen folgt Eisenmann nicht.
Stattdessen schreibt sie: „Vor diesem Hintergrund müssen wir wieder innerhalb eines sehr kleinen Zeitfensters den Schulbetrieb nach den Weihnachtsferien regeln und auf dieser Grundlage organisieren. Für uns alle, ínsbesondere für Sie, die Sie vor Ort in der Verantwortung stehen, ist dies eine besondere Herausforderung. Angesichts der kurzen Frist, die mit der Terminierung des Treffens der Kanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten einhergeht, bitte ich Sie, Ihre Planungen für Fernunterricht und Wechselbetrieb grundsätzlich weiterzuführen.“
Wechselunterricht soll es in Baden-Württemberg nur in vereinzelten Ausnahmefällen geben
Vor dem Lockdown hatten Eisenmann und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vereinbart, in Regionen mit mehr als 300 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen ab Klassenstufe 8 vollständig in den Fernunterricht zu nehmen. Ausgenommen seien Abschlussklassen. Darüber hinaus soll es ab einem Inzidenzwert von 200 einzelnen Schulen möglich sein, Wechselunterricht anzubieten, wenn der Schulbetrieb im Präsenzunterricht massiv vom Infektionsgeschehen beeinträchtigt wird. Davor steht allerdings eine Prüfung durch die Schulaufsicht und das örtliche Gesundheitsamt. Eine Maskenpflicht im Unterricht der Grundschulen besteht nicht. Diese Vorgaben haben offenbar weiter Bestand.
In ihrem Schreiben informierte die Ministerin auch darüber, dass die Halbjahreszeugnisse diesmal nicht schon zum 10. Februar ausgegeben werden müssen, sondern bis Ende des Monats Zeit ist. Hintergrund sei, dass in der Zeit vom 16. bis zum 23. Dezember teilweise Klassenarbeiten angesetzt waren, die nicht geschrieben werden konnten. «Um die Lage an den Schulen etwas zu entspannen, haben wir entschieden, den Schulen mehr Zeit für die Ausgabe der Halbjahreszeugnisse zu geben.»
Von der Verlängerung seien die Klassen ausgenommen, bei denen eine Entscheidung über die weitere Schullaufbahn ansteht. «Das betrifft die vierte Klasse in der Grundschule, wo die Grundschulempfehlung ansteht, sowie die Klasse 8 und 9 der Gemeinschaftsschulen, in denen ebenfalls eine Entscheidung über die weitere Schullaufbahn erfolgt.» News4teachers / mit Material der dpa
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